Transcription

Pforzheim 8ten April 1849.

Liebe Schwester!

Deinen Brief vom 1ten Januar erhielt ich den 2ten März, somit war derselbe 11 Wochen unterwegs, ein Beweis daß Du uns abermals weiter gerückt bist, sollte auch der Brief irgendwo einige Wochen liegen geblieben sein. Ich danke Gott, daß Du endlich in ein Verhältniß getreten bist, in welchem Du u. Deine Kinder Euch zufrieden u. glücklich fühlen könnt. Möge auch fernerhin eine gütige Vorsehung über Euch walten, um für die trüben Stunden entschädigen, die Dein Schicksal Dir, somit auch mir bereitete. Du fragst mich liebe Sophie warum ich so lange nicht geschrieben? Da in Deinem letzten Briefe angedeutet war, daß Ihr eine Veränderung vorzunehmen Willens seid, so hoffte ich vorher noch Nachricht darüber zu erhalten. - Was unsere Verhältnisse anbelangt, so sind wir trotz dem ungeheuren Wogendrang der Zeit, immer noch im alten Geleise, und dies eigentlich mehr durch mein Verschulden, denn Schlemmer hat schon lange her den Plan, den Aufenthalt zu wechseln. Doch weniger die Antipathie vor einem derartigen Wechsel, als eine gewisse Vorahndung, daß uns're Verhältnisse dadurch nicht gebessert werden; bestimmen mich immer wieder, ihn davon abzuhalten, obgleich die politische Richtung Schlemmers mir u. meinen Kindern Pforzheims Aufenthalt ziemlich verödet denn die Parteien sind streng geschieden, und Sch. gehört als Repu= blikaner denjenigen an, welche ihre Anhänger mehr bei den arbeitenden Klassen findet. Letztere hoffen aber im Falle ihre Bestrebungen gelingen auf Vortheil, während die Klasse der Angestellten u Wohlhabenden nur Nachtheil für sich voraussehen. Deßhalb sind die Wenigen welche ein reiner Patriotismus leitet, sehr übel daran. Ob aber die Ein= führung

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