[stationery:] flower motif and embossed "T" and "W" [/stationery]
Cassel den 11/2. 1889.
Mein herzliebster Hermann!
Viel tausend Glück & Segenwünsche,
sende ich Dir zu Deinem Geburtstag,
möge der allgütige Gott Dir
Deine Wünsche die zu Deinem Wohle
sind alle erfüllen, möge er Dir vor
allen Dingen Gesundheit & Zufriedenheit
schenken, & Dich diesen hohen
Tag noch recht oft froh & heiter im
Kreiße Deiner Lieben erleben
lassen. Ach wie gern würde ich diesen
Tag auch einmal bei Euch sein, jedoch
wird das stets ein frommer Wunsch
bleiben. — Mein liebstes Mätzchen,
ich danke Dir recht herzlich für Deinen
lieben Brief vom II Dezember, ich war
sehr erfreut daraus zu erfahren, daß
Ihr
[page 2]
Ihr Lieben Alle gesund seid. Ich
freue mich immer so sehr wenn ich
einen Brief von meinem Liebling
erhalte & würde auch gern mehr schreiben
wenn ich nicht immer in so trauriger
Stimmung wäre. Ehe Du mit mir
böse bist, daß ich Dir so wenig
schreibe, solltest Du erst mal den
bösen Mätzchen tüchtig den Marsch
blasen, daß nicht mal seinem [roman] Rösel [/roman],
was ihn so lieb hat, zum Geburtstag
gratuliert hat, gelde Herzchen da
habe ich doch wieder recht. —
Weihnachten & Neujahr waren diesmal
sehr traurig für mich aller
Schmerz bricht auf solchen Tagen von
neuen los, ich habe an unserer guten
[roman] Mama [/roman] zu viel verloren, denke auch
Du recht oft an [roman] Mama [/roman] vergiß sie
nie, sie hatte ihre Kinder über
alles lieb. —
[page 3]
Papa geht es Gott Lob ziehmlich
gut, er steht zwar mit klagen
auf & legt sich mit klagen nieder,
aber ich denke Gott wenn es nur
so bleibt, dann will ich gern
zufrieden sein. Ada ist ein
herziger Vlege, aber wild wie ein
böser Junge. — Besten Dank Deiner
l. [roman] Elisabeth [/roman] für die Kartoffeln die
sie uns schicken möchte, ein kleines
Schwein — darf auch ein großes sein —
wäre mir lieber, das käme mir
gerade recht. — Ich bin ganz stolz
daß Adolph mir so ähnlich sieht, ach,
könnte ich ihn doch mal hier
haben. — Du mußt schön dick
geworden sein, wenn Du 185 ℔
wiegst, bist Du wohl noch stärker
wie [roman] W. Lampmann [/roman]. — Heut
morgen war [roman] W. L. [/roman] hier, er läßt Dir
auch zum Geburtstag gratulieren Euch
Alle
[page 4]
Alle herzlich grüßen, ebenso die
beiden Liesen, die vor einigen
Tagen hier waren. — Von [roman] Wilhelm [/roman]
haben wir vor kurzem auch Nachricht
erhalten, sie sind alle gesund was
immer das Beste ist, er theilt uns
auch die Verheirathung seiner Tochter
[roman] Marie [/roman] mit, mit einem Mann
der in [underline] bedürftigen [/underline] Verhältnißen
lebe, o lieber Gott, denkt er denn
nicht weiter, das Unglück kommt schon
von selbst, muß das Kind gleich rein
heirathen, warum hat er das zugegeben,
ich habe die ganze Nacht vor entsetzen
nicht schlafen können. — Bitte liebster
[roman] Hermann [/roman] schreib mir doch darüber.
Wenn Du Carl schreibst, grüße ihn & Familie
von uns allen, eben so[roman] Wilhelm [/roman] & Sohn.
Der l. [roman] Elisab. & Adolph [/roman] senden wir
Alle tausend Grüße. — Vor allen
Dingen sei Du liebes Geburtstagskind
viel tausendmal gegrüßt & geküßt
& hab immer recht, recht lieb Dein
Dich innig liebendes Rösel. —