Collection: Marie Hansen Taylor Correspondence
Author: Peter Andreas Hansen
Recipient: Marie Hansen (Taylor)
Description: Letter from Peter Hansen to his daughter Marie Hansen Taylor, June 18, 1866.
Original text
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Gotha, den 18ten Juny 1866
Meine liebe Maria!
Da nun wirklich der so lange schon gefürchtete unheilvolle Krieg zum Ausbruch gekommen ist, so eile ich Dich über uns zu beruhigen, noch sind wir, bis auf Einquartierung der Coburger Soldaten, die heute an der Spitze den Herzog in preußischer Dragoneruniform, hier eingezogen sind u. in vielen Privathäusern auf 3 Tage untergebracht sind, unberührt davon geblieben. Auch glaube ich daß so bald der Kampf nicht in unsere Nähe kommen wird. Dresden soll von den Preußen genommen sein, doch ist dies eine Nachricht der man noch nicht trauen kann. Seit Freitag ist die Verbindung zwischen Leipzig und Dresden abgebrochen die Holzbrücke bei Risa haben die Sachsen abgebrannt. Auch die Verbindung zwischen Cassel ist abgebrochen, die Preußen sollen aber noch nicht in Cassel sein, haben aber Hanover besetzt u. der König ist auf der
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Flucht nach England, der König von Sachsen nach Prag. Daß alle diese Ereignisse durch die unglückliche Abstimmung am Bundestag den 14ten hervorgerufen sind, werdet Ihr wohl schon durch die Zeitungen erfahren haben, es ist ein reiner Verrath der Südstaaten daß sie zu Oestreich halten, wären sie neutral geblieben, so hätte sich der Kampf doch nur auf einen Theil von Deutschland erstreckt. Unser Herzog hält zu Preußen u. wird eine hervorragende Befehlshaberstelle übernehmen, übermorgen geht unser Contingent fort, mehr weiß man noch nicht. Tante Agnes u. Onkel Leopold sind sehr gedrückt, daß Adolph u. Otto mit gehen, wäre es gegen einen äußeren Feind, so würde jeder bereit, aber Deutsche gegen Deutsche ist zu schrecklich u. nur weil 2 Mächte sich nicht einigen können wer von ihnen die höchste Gewalt haben soll. Dieser schändliche Bismark hat dies Unheil über Deutschland gebracht u. doch müssen wir wünschen, daß Preußen siegt, unter Oestreich ging alle errungene Freiheit wieder zu Grunde. Vielleicht wird Otto dispensirt, es besteht ein Gesetz nach
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welchem, wenn 2 Brüder mit ins Feld ziehen der eine dispensirt werden kann, u. der Onkel hat darum nachgesucht, Adolph, der als Oekonom an [sic] Sprapazen gewöhnt, kann sie schon besser aushalten u. Otto hat eine gute Stelle, die ihm verloren ginge. So groß mein Schmerz immer über Augusts Aufenthalt in Amerika ist, so froh bin ich doch daß er jetzt nicht hier ist, denn in Preußen sind schon die, die früher untauglich befunden, wieder einberufen worden u. wenn es schlimm kommt wird es hier auch so werden. In der Östreichischen Armee soll der Hungertypus ausgebrochen sein u. die Cholera stellt sich in Deutschland wieder ein, in Stettin ist sie heftig ausgebrochen, das ist zu dem all- gemeinen Elend noch eine schreckliche Zugabe. Deinen lieben Brief vom 28ten May habe ich erhalten u. danke Dir herzlich dafür, ausführlich kann ich ihn Dir heute nicht beantworten, ich bin noch immer sehr angegriffen u. habe gerade heute einen schlechten Tag. Der schwächste Theil an mir ist jetzt der Magen, mit der Milch musste ich schon wieder einige Tage aussetzen, weil mir so schlecht wurde, daß
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ich Erbrechen bekam, nun trinke ich sie aber wieder u. mit etwas Selterswasser gemischt u. kann sie damit besser vertragen. Ich setze so viel Hoffnung darauf, weil ich jetzt so oft einen Reiz zum Husten bekomme. Von August habe ich noch keinen Brief, ach wüßtest Du liebe Maria wie betrübt ich darüber bin, ich war nur froh durch Dich etwas von ihm zu erfahren. Was Du mir über den Plan, uns diesen Sommer zu besuchen, von ihm schreibst, hat mich in große Aufregung versetzt, nun aber habe ich wieder Ruhe gewonnen u. sehe ein daß das dieses Jahr nicht möglich ist, daß Rückreisegeld würden wir ihm sehr gerne geben aber es würde jetzt, wo er noch keinen festen Fuß in Amerika gefasst, wohl doch nicht rathsam sein für ihn, wenn er ein Vierteljahr heraus aus seinen Geschäften käme u. in kürzerer Zeit läßt sich die Reise nicht machen, dazu nun auch der Krieg in Deutschland, aber auf nächstes Jahr, wenn ich am Leben bleibe, setze ich meine Hoffnung, daß ich dann die Freude haben werde ihn wieder zu sehen, gewiß wird dann wieder mehr Gemüthsruhe in mir einziehen, die letzten Jahre haben gewaltig an meinem Leben genagt.
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Sonnabend, den 16. Juni 1866.
1 Viertel Weizen 65 - 68 Pfd 1 Thlr. 22 Gr. bis 2 Thlr. - Gr.
1 Viertel Korn 61 - 68 Pfd 1 Thlr. 9 Gr. bis 1 Thlr. 18 Gr.
1 Viertel Gerste 53 - 58 Pfd 1 Thlr. 6 Gr. bis 1 Thlr. 12 Gr.
1 Viertel Hafer 37 - 44 Pfd - Thlr 22 Gr. bis 1 Thlr. - Gr.
1 Viertel Erbsen - Thlr. - Gr. bis - Thlr. - Gr.
1 Viertel Linsen - Thlr. - Gr. bis - Thlr. - Gr.
1 Viertel Lein 2 Thlr. 25 Gr. bis 3 Thlr. 5 Gr.
1 Viertel Bohnen - Thlr. - Gr. bis - Thlr. - Gr.
1 Viertel Raps - Thlr. - Gr. bis - Thlr. - Gr.
Gotha, am 16. Juni 1866. Der Stadtrath. Hünersdorf.
Nichtamtlicher Theil.
Deutschland.
Gotha, 16. Juni. Bei der beklagenswerthen Tragweite, welche der Bundestagsbeschluß von vorgestern zu erhalten droht, sehen wir uns mit besonderer Genugthuung in die Lage gesetzt, diejenigen Motive näher mittheilen zu können, von denen die diesseitige hohe Staatsregierung - gewiß im Einklang und unter dank- barer Zustimmung unserer gesammten Landesangehörigen - bei ihrem von der Majorität abweichenden Votum in jener verhängnißvollen Bundestagssitzung ausgegangen ist. Die motivirte Instruction für den Bundestags - Gesandten der 12. Curie, von Seiten der Großh. S. Weimarischen und Herzogl. S. Cob. - Goth. Staatsregierung auf den Oester- reichischen Mobilisirungs - Antrag ist nämlich folgende gewesen: "Ew. Excellenz erhalten auf Ihren Bericht vom 11. d. M. andurch die Instruction, wenn in der nächsten Bundestagssitzung der gestern von Oesterreich gestellte Antrag auf Mobilmachung sämmtlicher nicht zur königl. preußischen Armee gehörigen Armeecorps des Bundesheeres zur Verhandlung kommt, in erster Linie für Verweisung dieses Antrags an einen Ausschuß, falls dies aber von der Majorität nicht beliebt, sondern auf sofortiger Abstimmung über den Antrag selbst bestanden werden sollte, Namens der - Staatsregierung gegen den fraglichen Antrag unter Abgebung folgender wörtlich vorzulesender und zu Protokoll zu gebender Erklärung zu stimmen.
Die - Staatsregierung hat stets es für das allein Richtige, dem bestehenden Rechte und dem Interesse Deutschlands Entsprechende erkannt und angesprochen, daß über das Schicksal Holsteins und seine Beziehungen zu Schleswig der Bund nach den bestehenden Gesetzen entscheide. Sie ist dieser Ueberzeugung noch heute und beklagt es fortdauernd auf das Lebhafteste, daß von den deutschen Großmächten ein anderer Weg eingeschlagen worden. An sich könnte daher die in den allerletzten Tagen von der Kaiserlich Oesterreichischen hohen Staatsregierung zu einer bundesmäßigen Behandlung gegebene Anregung nur mit Freuden begrüßt werden,
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Das Frankf. Journal schreibt von der gestrigen Bundestagssitzung: "Seit der deutsche Bund besteht, hat derselbe keine so folgenreiche Sitzung gehalten, als die gestrige, denn in ihr ist die, wenn auch nicht formelle, so doch factische Auflösung dieses nun seit länger als fünfzig Jahren bestehenden Vertrags ausgesprochen. Statt der lang ersehnten und erstrebten Einheit stehen wir vor der tiefsten Spaltung. Was nun? fragt sich Jedermann in dieser grenzenlosen Verwirrung, an deren Vorabend wir stehen. Correcterweise hätten sich die überstimmten Kleinstaaten dem Beschlusse der Majorität zu fügen und gegen Preußen zu mobilisiren. Doch dieser bundestreue Standpunkt hätte keinen Sinn mehr nach dem Schritte Preußens, unter dessen Pression sie gegen den Mobilisirungsantrag gestimmt haben. Sie werden sich also wahrscheinlich direct unter preußischen Schutz stellen und mit diesem den von Preußen vorgeschlagenen Sonderbund gründen. In welcher Weise wird aber nun der Bund zunächst gegen Preußen und dann auch gegen die zu erwartende norddeutsche Liga vorgehen? Wird er in Holstein interveniren, wird er in Action gegen die Dissentirenden treten, wird er eine Kriegserklärung gegen sie erlassen oder wird er sie gar nicht als kriegführende Macht anerkennen und sie nach amerikanischem Vorbild wie Rebellenstaaten zu ihrer Pflicht zurückzuführen suchen? Das Alles ruht in der Zeiten Schooß. Eines nur scheint uns sehr wahrscheinlich und verschafft sich jetzt mehr Glauben, daß wir durch den gestrigen Beschluß das Kriegstheater auch in unsere nächste Nähe bekommen werden, und das ist es, was wir durch die Neutralität der Mittelstaaten für vermeidbar halten."
Kassel, 15. Juni. (F. I.) Hier wurde ein preußischen Ultimatum übergeben, des Inhalts: 1) Kurhessen solle dem preußischen Reformproject beitreten, Parlamentswahlen ausschreiben; 2) die Mobilisirung nicht eintreten lassen; 3) dafür wird Souveränitätsgarantie mit Parlamentsbeschränkungen geleistet. Antwort bis 2 Uhr Nachts. Im Ablehnungsfall Kriegserklärung an Kurhessen und Regentschaftseinsetzung des kurhessischen Thronfolgers. In der Ständesitzung um 12 Uhr kommt ein Antrag Weigel'sschen, und daß der gestrige Bundesbeschluß in seiner anti-preußischen Bedeutung für sie ohne Wirkung bleiben werde. Die Frist für die Beantwortung dieses Ultimatums ist bis heute Abend 6 Uhr festgesetzt. Ist bis dahin nicht eine völlig zufriedenstellende Antwort gegeben, so rücken unmittelbar darauf, d. h. also noch heute Abend die Truppen gleichzeitig in die drei Länder ein. Alle Befehle in der letzteren Beziehung sind bereits im Laufe des heutigen Vormittags von hier expedirt und alle Dispositionen so getroffen, daß dem von hier aus zu gebenden telegraphischen Befehle an die preußischen Truppen in demselben Moment nachgekommen werden kann. Der Einmarsch in Hannover wird dann gleichzeitig von den Elbherzogthümern und von der Provinz Sachsen erfolgen.
Der "Bankztg." zufolge hat Preußen für ein Vorgehen gegen die Mittelstaaten die v. Goebensche Division in Westfalen, die Besatzungen der Bundesfestungen, einen Theil der in Holstein dislocirten Truppen, das in Sachsen stehende Corps und das neugebildete 10. Armeecorps, zusammen weit über 130,000 Mann disponibel.
Es war heute hier allgemein daß Gerücht verbreitet, daß die Oesterreicher von Bodenbach her in Sachsen eingerückt seien. Die B. B. Z. versichert, daß jede officielle Nachricht, welche dieses Factum bestätige, hier fehlt.
Im Laufe der vergangenen Nacht und des heutigen Vormittags sind sämmtliche hier und in der Umgegend stationirten Truppen mittelst Extrazüge theils mit der Anhaltischen, theils mit der Potzdamer Bahn nach der sächsischen und hannoverschen Grenze zu befördert worden. Allein auf der anhaltischen Bahn sind für die Truppen 60 Extrazüge bestellt worden.
General-Feldmarschall Graf v. Wrangel begibt sich morgen Abend zur Armee oder vielmehr zu dem Cürassier-Regiment, dessen Chef er ist. Die Visitenkarten, welche er im Augenblick hier bei seinen Abschiedsbesuchen zurückläßt, lauten wörtlich: "Graf Wran
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