Migrant Connections [DE]

Bürgerwissenschaftlerinnen zeigen außerordentliches Engagement

Saarbrucken and Otterberg, 14. Juli 2021


Saarbrücken und Otterberg, 14. Juli 2021 •


Manchmal übertreffen die Transkriptor:innen, die ihre Zeit ehrenamtlich für German Heritage in Letters zur Verfügung stellen, alle unsere Erwartungen und führen ihre eigenen Forschungen durch, mehr über die Personen und Orte herauszufinden, die in den von ihnen bearbeiteten Briefen erwähnt werden. Zwei Mitglieder der bereits vorgestellten Transkriptionsgruppe aus dem Saarland, Eva Tietjen und Regina Kunz, haben diesen Weg eingeschlagen, um mehr über die familiären Netzwerke rund um Charlotte Fischer von Höfeln und Eugen Klee zu erfahren, zwei Einwanderer, deren Briefe in unseren Sammlungen enthalten sind. Beiden haben wir zusätzliche Fragen gestellt, um mehr über ihre Motivation sowie die Ergebnisse ihres Engagements zu erfahren.
Interview und Übersetzung von Yella Nicklaus (English version).

Eva Tietjen recherchierte online zu den Verfasser:innen der Briefe sowie zu weiteren Personen, die in den Briefen erwähnt werden. Sie konnte Geburtsdaten und -orte sowie genealogische Informationen herausfinden, annotierte die Briefe, um Erwähnungen verschiedener Familienmitglieder nachzuvollziehen, und erstellte umfangreiche Stammbäume für die vier relevantesten Familiender Höfeln-Sammlung.
1. Was hat Sie dazu bewegt, über die Transkription der Briefe hinauszugehen und Forschung über die Menschen, die dort erwähnt werden, zu betreiben?

Ich fand es bemerkenswert, dass die Briefesammlung einen Zeitraum von 46 Jahren (1851 bis 1897) umfasst. Die Briefesammlung von Charlotte von Höfeln – Lotte für ihre Familie - enthielt außerdem mehrere Absender, in erster Linie ihre Schwestern und Cousins aus ihrem Heimatort Kirchheim unter Teck.

Das Verwandtschaftsverhältnis zwischen den verschiedenen Familiennamen war aber nicht direkt erkennbar. Des Weiteren fanden sich in den Briefen immer wieder Bemerkungen oder Verweise zu anderen Personen des Familienverbandes.

Deshalb habe ich zwei Aspekte untersucht: Erstens wollte ich Verbindungen zwischen den einzelnen Familien bzw. Personen herstellen. Deshalb habe ich die Briefe annotiert, um die Erwähnung verschiedener Familienmitglieder nachzuverfolgen, und versucht, Geburts- oder Todesorte herauszufinden.

Zweitens habe ich versucht, einen Gesamtüberblick zur Genealogie zu erstellen. Aus dieser Recherche entstanden die Stammbäume der Familien Fischer, Tritschler, Enslin und Finckh, sowie die mit personenbezogenen Daten ergänzte Gesamtausgabe der Briefesammlung von Höfeln.

2. Welche Ressourcen haben Sie für Ihre Forschung benutzt? Sind Sie in Ihrer Recherche an irgendeinem Punkt auf besondere Schwierigkeiten gestoßen?

Als Ressourcen für die Forschung dienten verschiedene Onlineportale, darunter geneanet, familysearch.org, GenWiki’s virtuelle Bibliothek und Ancestry.de. Die Auffindbarkeit von Daten zu den einzelnen Personen war aber auch hier nicht immer gegeben. Die Stammbäume wiederum habe ich mithilfe einer Genealogiesoftware erstellt. 

3. Haben Ihnen Ihre Erfahrungen aus der Erforschung Ihrer eigenen Familiengeschichte bei den Recherchen zu den Personen aus der Höfeln-Briefesammlung geholfen?

Diese Frage kann ich mit einem deutlichen Ja beantworten. Ich beschäftige mich schon über einen sehr langen Zeitraum mit der Erforschung meiner Vorfahren. Da ein sehr großer Teil dieser Vorfahren in Frankreich ansässig war, mussten meine Recherchen über verschiedene Internetportale (mittlerweile befinden sich viele Originalaufzeichnungen online im Internet) erfolgen. Dadurch habe ich eine gewisse Routinge entwickelt, die auch bei den Recherchen zu den Personen aus der Höfeln-Briefesammlung geholfen hat. Auch hatte ich schon immer Interesse in Richtung Recherchen und Nachforschung, ganz gleich ob Geschichte oder Genealogie.

 
Ein Beispiel für einen Brief aus der Sammlung Charlotte Fischer von Höfeln, kommentiert von Eva Tietjen.
Beispiel eines Stammbaums, den Eva Tietjen im Rahmen ihrer Recherchen zur Herkunft der Familie von Charlotte Fischer von Höfeln entwickelt hat.

Regina Kunz wählte einen anderen Ansatz. Zusätzlich zur Transkription der Höfeln-Sammlung nahm sie an den wöchentlichen Transcription Tuesday Events teil, die von der Horner Memorial Library der German Society of Pennsylvania veranstaltet werden. Mit dieser Gruppe hat sie geholfen, Briefe zu transkribieren, die Eugen Klee, ein Chorleiter aus Philadelphia, der in den 1890er Jahren eingewandert war, von seiner Familie und seinen Freunden in Deutschland erhielt. Klee stammte aus Otterberg in Rheinland-Pfalz, nicht weit von ihrer Heimat im Saarland entfernt. Sie beschloss, Otterberg und einige der anderen nahe gelegenen Gemeinden zu besuchen, aus denen die Briefe stammen.
1. Was hat Sie dazu bewegt, Otterberg zu besuchen?

Otterberg liegt nur eine gute halbe Autostunde von meinem Wohnort entfernt, wir hatten schon wochenlang Briefe bearbeitet, die in Otterberg abgesandt worden waren und da wollte ich einfach mal wissen, was für ein Ort Otterberg ist.

2. Welche Orte haben Sie in Otterberg besucht? In welcher Form waren diese mit den Briefen verbunden?

Ich war auf dem Friedhof und habe das Grab der Familie Klee besucht. Ein Brief der Sammlung zeigt, dass Eugen Klee das Grab 1921 gekauft hat, wahrscheinlich um seine Familie nach dem Tod in Otterberg wieder zu vereinen. Allerdings zeigen die Briefe auch, dass ein Konflikt um das Grab entstand: Eugen Haas, ein Neffe von Eugen Klee, wollte gerne die Überreste seiner Mutter Amalie Haas (Eugen Klees Schwester) in das Familiengrab überführen, sein Vater verwehrte ihm aber diesen Wunsch zunächst. Obwohl eine Überführung letztendlich stattfand, kam es zum Zerwürfnis zwischen Vater und Sohn, Eugen Haas wurde enterbt. Eugen Klee wiederum beklagte sich in einem Brief, die Familie habe ihm nicht genug Anerkennung für den Kauf des Grabes entgegengebracht.

Danach bin ich ein wenig in der Stadt herumgelaufen. Außerdem suchte ich das Haus, das auf der Postkarte in Brief #1407 abgebildet ist, und habe es auch gefunden. Dieses Haus hat zwar keinen Bezug zu Eugen Klee, es war aber der einzige Anhaltspunkt für einen konkreten Ort in Otterberg, der in den Briefen vorkam. Außerdem fotografiere ich gern alte Gebäude in ihrem heutigen Zustand.

3. Konnten Sie durch Ihren Besuch etwas Neues herausfinden oder blicken Sie dadurch anders auf die Inhalte der Briefe?

Neues konnte ich nicht entdecken, sehr interessant war aber ein Gespräch mit dem Leiter des historischen Vereins in Otterberg. Dem Verein ist Eugen Klee als berühmter Sohn der Stadt bekannt und hatte sogar eine Kurzbiographie über Klee, von der der Leiter mir eine Kopie mitgab.

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Das Grabdenkmal der Familie Klee auf dem Otterberger Friedhof. Foto mit freundlicher Genehmigung von Regina Kunz.
Oben: "Blick in's Schelmental", Otterberg, Postkarte an Eugen Klee im August 1920. Unten: Blick auf das Schelmental, 2021. Foto mit freundlicher Genehmigung von Regina Kunz.
Unser herzlicher Dank an Eva Tietjen und Regina Kunz, die ihre Forschungserfahrungen als Bürgerwissenschaftlerinnen mit uns geteilt haben!

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