Sammlung: Höfeln Family Letters

Verfasser: Marie Charlotte Tritschler (Schmid)

Empfänger: Charlotte Fischer (von Höfeln)

Bezeichnung: Brief an Charlotte von Hofeln von ihrer Nichte Marie Tritschler, 18. Juni 1869.

Marie Tritschler an Charlotte von Höfeln, 18. Juni 1868

Original text

Kirchheim den 18. Juni 1869. Meine liebe Tante Lotte! Durch meine Schuld kam der Brief der l. Mutter so lange nicht fort, denn ich wollte dir so gerne einmal schreiben, u. doch finde ich so wenig Zeit. Dein lieber Brief hat uns herzlich gefreut aus unser alten Heimath, ich wenigstens sehe es noch immer als die meinige an, die wo man die glücklichen Kinderjahre verlebt, da ist auch unser Heim. Ich würde auch gerne wieder zu Euch kommen, auch mein lieber Mann hätte viel Lust, er sagt: Wenn man Ihnen eine Lehrer-Stelle oder sonst durch Musick-Unterricht unter gutem Verdinst zusichern würde, wäre er gleich entschlossen. Denn hier ist das Einkommen eines Lehrers nicht groß, mit allem zusammen stellt sich mein Mann auf 12,00 fl. u. das braucht man für das Leben, den es ist alles gegenwärtig sehr theuer. Aber wir haben Gottlob was wir brauchen Ueberfluß keinen. Wir haben uns gegenseitig aus liebe geheurathet, (obgleich das die prosaischen Welt für dum hält.) Aber liebe Tante macht Reichthum Glücklich ohne Liebe u. Achtung? Ich habe Viel gekämpft zwischen vor der Welt glänzende Partien zwischen Reichthum, Ansehn u. - meinem Herzen, aber das Letztere hat gesiegt. Gott sei Dank! u. wier sind ueberglücklich in unserem friedlichen Daheim, welches noch verschönert durch ein liebliches Geschöpfchen unsere Johanna. Dir darf ich ja nicht sagen wie viele Freude einem ein Kind bereitet. Du bist ja selbst Mutter. Wie gerne gerne, möchte ich dich den l.Onkel u. deine lieben Kinder wieder sehen! Ach! u. die unglückliche Tante Julie, warum ist Ihr Geist so schwach, daß er sich nicht singend erhebt über den bösen Dämon in ihrem Herzen. Wie muß Ihr armes Kind darunter leiden, wie schädlich muß es auf ein junges Gemüth [?]einwirken[/?][overwritten]. Wir haben dich herzlich bedauert, wie viel du mit all diesen dinge durchmachen mustest. Ein Trost ist es uns das es sich jetz von selbst so zu euren Besten gestaltete. Wann Tante Julie nun nicht dennoch wieder zu Euch kommen will! Jetzt muß es schön bei Euch sein ungestörter „Friede“. - in einem eigenen hüpsche Haus ganz für Euch selbst. Wie wünschte ich mir auch so ein eigenes Häuschen wo die l. Mutter mit uns zusammen wohnen könnte. Wier haben zwar hier im Töchterinstitut eine Schöne Wohnung u.ich habe alles recht schön Möblirt an einem schönen u. geordneten Hauswesen habe ich eine große Freude, ich machte mir zwar schon oft Vorwürfe, mit manche schönen Möbelstük es sei mir Luxus aber an etwas muß man eine freude haben. Mein l. Mann hatte auch es ein sehr schönes Pianino, viele Schönes haben wir schon mit Musick erlebt dadurch, daß mein Mann immer [roman:]Concerte[/roman] giebt, sind immer wieder Proben in unserem Haus. Diesen Herbst führt Er mit dem Singverein, welcher aus Herrn u. Damen besteht (meistens Beamten Töchter) die Glock von [roman:]Schiller[/roman] auf. es wird alles gesungen. Es sind wunderschöne [roman:]Chöre[/roman] darunter [roman:]Solo[/roman], u. [roman:]Duette[/roman]. Im [roman:]Chor[/roman] singe ich auch noch mit. Meine Kleine sitzt neben mir auf dem Boden u. spielt mit der Kaffemühle sie will aber jetzt nimmer gut thun, deßhalb muß ich schließen. Ich gehe jetzt mit Ihr in den Garten hinter das Haus. Nun lebe wohl meine Liebe Tante! Schone deine Gesundheit, thu keine zu schwer häusliche Arbeiten. Erhalte dich den Deinen. - Herzliche Grüße an Euch alle! Von meinem lieben Mann u. von Deiner aufrichtigen Nichte Marie.