Sammlung: Höfeln Family Letters

Verfasser: Babette Fischer (Tritschler)

Empfänger: Charlotte Fischer (von Höfeln)

Bezeichnung: Brief an Charlotte von Hofeln, möglicherweise von ihrer Schwester Babette Tritschler, 14. November 1869.

Babette Tritschler [?] an Charlotte von Höfeln, 14. November 1869

Original text

Kirchheim d. 14 Nov 1869. Meine liebe theure Schwester! Du wirst denken ich sei am ende gestorben weil ich so lange nichts von mir hören lasse, doch nein ich befinde mich sogar durch die Gnade des Herrn zimlich wohl ausgenommen daß ich öfters schmerzen in den Füßen habe auch sind meine Augen strekenweise gar schwach schreiben geht noch viel besser als das geschriebene lesen doch auch diesen Sommer als die l. Sonne immer hoher stieg u. die Strahlen kräftiger wurden geschah mir auch das Schreiben schwerer, da ich dir gerne auch vieles mitthei= len wollte habe ich das Schreiben aufgeschoben bis ich wider lesen konnte nur sind es aber gewiß schon 6 Sontage daß ich es thun will u. immer hatte ich Störung, meine l. Marie ist seit 14 Tage täglich auf der Post wo sie das kochen lernt ich hielt das vor nothwendig da bei mir nur wenig vor komt nur gewöhnliche Speissen auch trinken wir Thee Kaffe meistens keyn Sachen was weniger Umstände macht. auch am Sontag muß sie hingehen mann kann dort Alles weil sehr viel vorkommt u. auch gut kochen lernen anfangs war der Plan es in Stutt= gart zu lernen wo Sie es nicht so strenge gehabt hätte nun ist aber hier unvermuthet ein Platz leer durch die Krankheit einer Kochzur= geher daß sie dafür hatt eintretten können welches uns nun um so lieber ist so kommt Sie doch jeden Abend heim u. geht morgens 9 U. Uhr 3 Monathe dauert es Nov. Dec. Jan. ist diese Zeit herum wird es wohl nicht lange mehr anstehen mit einer Verbindung es sind wider 3 bis 4 Werber um den Weeg ich sagte diese Zeit soll Sie noch ganz frei Bleiben man kann eben einen warten, es ist mir ein rechtes Anliegen mit dem Kind und meine tägliche Bitte zum l. Gott Er moge Sie doch vor einem Leichtsinnigen oder ganz Ungläubigen Menschen bewahren den da wäre ich, auch recht unglüklich recht gläubige gibt es wenige die Menschen werden von Gott immer mehr entfremmdet. ja so gar seine Feinde es ist recht entsetz= lich der Frust dieser Welt der Satan hatt gewonnenes Spiel die Genußsucht u Putz sucht hatt keine Grenzen es treibt es jedes so hoch als es kann auch die Leuthe vom Land tragen sich wie die Städter diese haben gar gute Zeiten sie lößen aus ihren Erzeugnissen vieles Geld auch hatt das Vieh hohe Preise eine gute Kuh kostet oft über hundert Gulden der butter hatt den ganzen Sommer 2f u. 30x gekost. so können die Bauersleuthe da sie so gute Einahmen haben auch ausgeben an den schönen Sonn= tagen ist es hier wie ein Jamarkt mit singen Leuthen vom Lande da kaufen Sie [?]Hornmath[/?] die Mädchen tragen ganz große Broschen u. Ohrenringe u. Kranatenschlösser da nehmen diese Geschäfte vieles Geld ein. aber für unser eines wie ich bin ist es theuer zu leben mein Einkommen ist nicht so groß wie du meinst nicht viel über f 500. Hof u. Hausrathe nehmen davon schon einen schönen Theil hinweg dann hatt man manches für zu geben wo mann nichts dafür hatt, diesen Sommer hatte ich un= gewöhnliche Ausgaben, da herr Vett Tritschler das Haus an Bortenwirker Bartenschlag verkauft hatt der einen schönen Laden eingerichtet hatt. herr Vetters sind aber im hause gebliben Sie wohnen nun nur wo ich war u. ich bin nun eine Stige höher habe es vor das einfachere gehalten im hause zu bleiben weil die Frau welche das obere [roman:]Logie[/roman] bewohnte ausgezogen ist so war es mir die mache mir Platz ich habe an Raum gewonnen da ich nun dort Zimmer habe am Wohnzimmer ein grosses erbtes Cabinet in dem ich winters schlafe wo es ganz angenehm warm ist auf der andren Seite am Wohnzimmer eine große Schlafkammer alles Tapezirt an der Kammer noch ein Dachkemerchen im untren Logie hatte ich eine gar kleine Schlafkammer da war es ein rechtes geschlupf auch habe ich eine recht große aber auch kalte Küche auch habe ich eine angenehme Aussicht sehr lebhaft der Rohrbrunnen ist mit einem Kranz von Akatienbaume beflanzt welches recht hubsch aussiht am libsten würde ich aber ganz im freien wohnen nach Nürn= berg zu gehen war aber mit großen Unkosten verknipft gewesen auch hatte ich manches noch anschaffen müssen. Die Tochter Babette von unserm l. Bruder war im Monath September bei uns im ganzen war Sie fünf Wochen hier Sie ist ein liebes gescheides Madchen aber gar nicht hübsch auch spricht Sie wenig hatt nichts an sich was em= phelen kann ich habe Sie aber denoch lieb gewonnen wenn man sie näher kennt ist sie doch liebenswürdig, so lange Sie hier war kam ihr Bruder Wilhelm der kam von Heidelberg her. Er war auch in Frank= furth bei einem Uhrmacher in Arbeit sein Vater der in wegen überhäufter Ar= beit nicht mehr entbehren konnte lies Ihn wider heim kommen diesem Ruf [illegible] auch gerne nachkam den Er habe nirgend etwas für sein Geschäft prophitiren können der bruder Philipp ist recht geschickt der Ale= xander könnte es gar nirgends besser ler= nen als bei dem Oncel auch ist der 3) Wilhelm ein recht lieber u. gesitteter Mensch, auch ist Er hübscher als die Babette nur klein von Statur den Er hatt nicht einmal das Maß gehabt bei der Aushebung das hatt ihn frei gemacht der Wilhelm war bei uns zweimal uber= nacht länger liese Er sich nicht aufhalten sein Vater lag Ihm gar am herzen weil Er so viele Arbeit hatte die Marie u. Babette begleiteten Ihn dan nach Stuttgart wo Ihnen die Marie ver= schidene Merkwürdigkeiten zeigte die gingen Sie mit dem letzten Zug heim u. der Wilhelm gblib in Stut. ubernacht ich kann dir sagen der Mensch hat mir recht gut gefallen nach seinem Wesen u. verhalten zu den Eltern nur schade daß die l. Kinder kein Leben aus Gott in sich haben weil Ihre Eltern auch geistlich Lod sind die Frau ist gut und brav aber dann ist es aus das andere ist lauter äusserlichkeit so sind eben die allermeisten Menschen. Wir haben hier immer recht erwekte Geistli= che der wirkliche Helfer gibt alle Son= tag Abend eine Erbauungsstunde die ich auch besuche denn es ist ganz in der Nachbarschaft. Die Karoline Schaling u ihre Mutter leben immer noch beieinander die alte Frau war diesen Herbst krank aber nun wider ganz gesund. Die Fr. Schmitle ist auch noch am Leben war aber vor zwei Jahren Todkrank hatt schon vieles Kreutz u. Leiden gehabt ist ihr ein hoffnungsvoller Sohn als Vikar gestorbenen ein zweiter Sohn der eine Färberei bei Helfrichs Bleiche hatte ist abgebrannt bald nachher die Irmi ge= storben von 4 kleinen Kindern weg ich habe ihr mitgetheilt daß du nach ihr ge= fragt hast dann hatt sie mir Grüße auf gegeben Schreiner Tortsim ist auch noch am Leben wascht immer noch bei der Frau Pfarrerin Ochsenwirthin ist vor ein paar Jahren heimgegangen ihr Mann das jahr vorher hinterlassen haben sie nicht viel. Er hatt sich für ein großes Capithal bei seinem Tochtermann der die Sophie hatte verbürgt die Tochter ist gestorben u. dem Tochtermann hatt mann alles verkauft ist aber vorher noch durchgegangen. Hr Dr. Hauff ist dieses Frühjahr auch gestorben Ihre Tochter ist gleich darauf als Decanin hirher gekommen ihr Mann heißt Wachter herr Decan Weitzel ist Prelat geworden und nun in Ulm dann hatt herr Dr. Hauff noch eine Tochter hier verheurathet an herr Apotheker Moll aus der Schenkischen Apotheke. Die alte Fr. Kaim lebt auch noch Ihr Sohn u. Tochtermann haben eine schöne Fabrik errichtet auf dem Weg nach Oethingen dort wohnt auch Fr. Kaim bei ihnen dort unten ist auch unser Bahnhof [inkspot][?]auch[/?] ein Töchterinstitut und nun wird noch eine Maschinen Fabrik dort erbaut. Enslins haben sich vom Geschäft ganz zurück gezogen haben nur noch den Garten mit Badeinrichtung und Hopfen Pflanzungen welches für den Fridrich zur Unterhaltung ist sie haben keine Magd mehr die Mine besorgt die Haushal= tung die Fr. Enslin ist bei der [?]wirklichen[/?] Jahreszeit ganz auf das Zimmer beschränkt weil sie mit dem Athem zu kämpfen hatt ist immer recht fleißig am Nähtisch für Kinder u. Enkel macht Sie Arbeiten die Hanne Finckh bringt den größeren Theil des jahres bei der Auguste in Schorndorf zu Auguste hatte diesen Sommer kein Bad nothwendig es geht wider viel besser mit Ihre Gesundheit welches Ihr auch wohl zu gönen ist seit ein paar Wochen ist die l. Hanne wider hier sie geht auch ziemlich gebükt doch ist ihre Gesundheit sehr erträglich. Fritz Finckh hatt nun zwei Mädchen welche recht gedeihen dem Fritz sein Schwiechervater h. Pfarrer Hausser ist auch in diesem Jahr gestorben. In unserer Gegend wurde diesen Herbst ein grosses Monöver es reichte von Eßlingen bis Mötingen es war Alles auf den Beinen um es mitanzusehen das Wetter war auch sehr günstig dazu. ich hatte auch 4 Tage [?]Einquatirung[/?] u. viel gekostet hatt. Wann ich Deinem lieben Manne hatte Geld geben können wäre es mir selbst an= genehm gewesen, aber über der Marie Vermögen darf ich nicht disponiren das steht noch unter Vormundschaft bis die Marie 23 Jahre alt ist darf auch nicht ins Ausland angelegt was ich für mich besitze wäre es nicht der Mühe werth in jedem Fall will ich damit warten bis die Marie auch vollends verheurathet ist u. ich könnte zwar 400 bis 500 Thaler geben das andre habe ich im Wein steken weil der letzten Herbst so gut war. ich verkaufe dann den Wein so bald ich was daran gewinnen kann dieses Jahr hatt es nicht viel Wein gegeben auch war derselbe bedeutend geringer als der vorjahrige wenn der Wein so ich habe in Amerika verkauft würde könnte man per. Galone 2 ½ Thl. lösen. Ich muß dir doch auch mittheilen [left margin, rotated 90 degrees, from top to bottom] sei so gut und vergelte nicht gleiches mit gleichen sondern schreibe bald ich möchte doch wider etwas von Euch l. wissen