Sammlung: Höfeln Family Letters

Verfasser: Babette Fischer (Tritschler)

Empfänger: Charlotte Fischer (von Höfeln)

Bezeichnung: Brief an Charlotte von Hofeln von ihrer Schwester Babette Tritschler, 23. April 1873.

Babette Tritschler an Charlotte von Höfeln, 23. April 1873

Original text

Kirchheim d. 23 April 1873 geliebte Schwester! Dein l. Brief mit seinem reichen Inhalt in doppelter bezihung machte mir un= endlich freude, die l. Pauline muß ja recht groß sein u. wohl schöne Haare seit ich das Bild vom l. Alexander habe wünschte ich mir immer auch die l. Pauline zu haben sie hängen Sie hüben & drüben an meinen l. Mann u über diesem hängt die Marie mit ihrem Bräutigam im Ovalbild in stehender Stellung um dieselben herum die andren grössren & kleineren Photogra= phien [insertion:]unsre[/insertion] Elteren deine beiden Mädchen das l. Sophile wird ein schöner Engel sein im Himmel die Nürnberger Mädchen habe ich auch, die ältere hatt eine Stelle in Würtzburg in einer Conditorei der Will= helm führt der Mutter das Geschäft wie ehemals unser Bruder es jammert mich wenn ich daran denke daß Er so elend um sein Leben gekommen ist & auch was das ärgste ist unvorbereitet auf die Ewig keit; ich lasse Deiner l. Pauline danken für Ihr Bild auch dem l. Alexander noch nach träglich dieser hatt viele Ähnlichkeit mit dir Er sieht ernst & denkend aus der[ink spot] ein wenig schmal Er wird doch gesund sein ist er noch beim Thelegraphiren! und wie geht es der l. Pauline seither mit dem Ärmle Ihr habt recht wenn Ihr anhaltet mit Gebet der Herr wird Wunder thun wenn seine Zeit gekommen ist wenn du nur in den letzten Monaten hier gewesen wärest es war ein bekehrter Mann hier welcher durch Gebet & Handauflegen vielen kranken geholfen hatt dieser war früher ein Weltmensch ist dann von einer schweren Krankheit auch durch Gebet geheilt worden & dadurch ist Er zur erkentniss seiner Sünden gekommen und hatt den Geist von oben bekommen daß er viele geheilt hatt welche den Glauben an den Sohn Gottes hatten, Er hatt anfangs jeden Abend Erbauungsstunden gehalten und nachher auch ein paar kranke die Hände gelegt & zum Gekreuzigten gebetet so salbunsvoll daß man ganz davon durch= [left margin, rotated 90 degrees, top to bottom] ich lese den Brief nie durch weil es meinen Augen wehe thut das geschribene zu lesen drungen wurde dabei ist alles nidergeknit ich danke dem Herrn daß Er uns dießen Mann gesendet hatt den Er war eine Wek stimme für die Sünder ich bin auch durch den Mann aufgewekt um zur ernstlichen Buse gekommen es ist nun mein einziges dichten & trachten selig zu werden durch die Gnade des Heilandes am allergernsten möchte ich bei Euch auch sein können möchte immer im seligen umgang mit bekehrten leben es thut mir wehe daß dieses Jahr deine Reiße zu uns wider nicht ausgeführt werden kann daß der l. Andereas auch mit dir eines ist das ist jetzt im heutigen Leben unter Euch aber wegen des bösen feindes muß man immer um bewahrung der sucht einem immer vom guten abzuhalten dieser Herr von dem ich schreibe war ehe Er hieher kam bei der Fräulein von Seken= dorf zu der kam er von der Schweitz dort ist ihm geholfen worden bei dieser Frl. v. Sek= kendorf war herr Kaufmann Braub v. hier zu besuch & [?]beschwatirte[/?] Ihn her mit Ihm hieher zu seiner Mutter zu gehen in deren Wohnung die Versamlungen waren da waren immer alle drei Zimmer ganz voll herr Traub hatt mit dem herrn den ganzen Tag krankenbesuche gemacht herr Traub scheint bleibt unverheurathet lebt blos im Dienste des Herrn; Dass in Amerika der Winter so auser ordentlich kalt war ist merkwürdig und bei uns war Er so gelinde auch hatt wir ganz wenig Schnee es sind doch jetzt schon ernste Gerichte welche über die Welt gehen die Sturmfluthen im November war auch was unerhörtes und wie ernste Sprache des Himmels an die ungläubigen menschen. Den auch hier bei uns hatt der Unglaube & die Sittenlosigkeit sehr überhand genommen blos in diesen Oster feyertagen sehe mann herrn auf den Emporkirchen sonst sind solche fast ganz leer man denkt an den Sontagen blos auf Vergnügen be= sonders das Arbeitervolk diesen gibt mann noch Gelegenheit daß Sie ihr Geld anbringen können alle 14 Tage werden sie bei der Maschinen fabrik aus bezahlt am Samstag und am näch= sten Montag ist dann schon um 4 Uhr Feyerabend da geht es besonders bei den ledigen den wirthshäusern zu das ist doch ganz verderblich. Daß Du & Dein l. Mann beide eine schwache Gesundheit habet ist mir recht leid du ver= spührst also auch Schmerzen in den Glidern wie ich dafür soll dieser Ansatz wozu das Rezept folgt hauptsächlich sein ich habe den Mann selbst gespro= chen ich denke bei Mathis wirst du Species am besten bekommen man setzt die Sachen fein ge= sch[n]itten oder gestoßen mit 2 Schoppen guten Wißky an hir nimt man Fruchtbrantwein stellt es acht Tage an die wärme oder Sonne & schüttelt es täglich dan gißt man den Ansatz ab & verpfropft den selben gut & schüttet dan wider blos einen Schoppen an das zurickgeblibene, gißt es dan wenn es wider so behandelt worden zum zweitenmal ab & preßt das zurük geblibene durch ein Tuch damit alle Kraft heraus konnte davon nimt man dreimal des tages vor jeder mahl zeit keine ¼ Stunde vorher einen kleinen Eßlöffel oder Kinderlöffel voll solltest du Kopfschmerzen darauf bekommen wäre es für dich deine Natur zu stark dan solst du blos zweimal nehmen, man kann selbst ausfinden wie es einer Person taugt. Für den Husten hilft dieser Ansatz nicht da hatt er mir gesagt ein recht gutes Mittel da für sey: man schäle einige Zwiebel die weißen seien die best u verklopfe solche mit einem Holz oder Stein also nicht schneiden wahrschein lich m[ü]ssen die Zwibel breiartig werden dan streicht man es auf einen Pletz so wie man Senfteig auflegt also eben mit dem bletz oder Leinwand wider überschlagen und über die Fußsohlen gelegt und so daß es noch ein ganzes Stükchen hoch über den Versen hinauf reicht u allemal wenn die [?]Cartetlasse[/?] kraftlos wird wider frisch auflegen schade daß es jetzt bei Euch keine Zwibel mehr geben wird. Unsere Johanna ist Gott sei es dank recht wohl & kräftig mit dem sprechen geht es nicht so schnell als mit dem Laufen doch bringt sie jeden Tag neue Wörter heraus man heißt sie nicht Hannele sondern Johanna ich weis nicht mehr ob ich dir schon mitgetheilt habe daß meine Kinder nun mehr in meiner Nähe wohnen nehmlich im alten Oberamtsgericht Gebäude am ende des Marktplatzes in den hintern Zimmern geht die Aussicht auf den Schloßplatz sie haben da fünf ineinander gehende Zimmer mit allen sonst nothwendigen gelassen Schmid hatt von da nur ein paar Schritte in die Schule das haus wo Schmids früher waren ist für die Arbeiter an der Ma= schinen Fabrick gekauft Da wußte mann gar nicht wohin mit der höern Töchter= schule da ist der Staat ins mittel getretten und hatt im Herzoglichen Schloß einige Zimmer umgeräumt; [left margin, rotated 90 degrees, top to bottom] schreibe mir auch im back Rezept von der feinen Milch ich weis es nicht mehr daß herr Schwab so ein schnelles & tragi= sches Ende genommen las ich mit bedauern vor ein paar jaren war er in ein so weites Bad nach Nebraska gereißt & ist glüklich hin & her gekomen und nun mußte Er auf der Stige seinen Tod finden ich bin recht froh daß ich ihm ein Fass Wein geschikt habe daß der Wein angekomm en sey hatt Er mir vom Bade aus geschri ben es war ein langer Brif mit vielen Neuigkeiten von Peora auch daß Er einen Brand im Hause gehatt habe bei der allerargsten Kälte der hatt auch durch ver= schidene harte Schicksale laut mit Ihm gesprochen aber Er wird eben doch der alte gebliben sein, aber ich will nicht richten In der Mauchischen Familie ist auch diesen Winter ein schwerer Trauerfall eingetretten: eine Tochter von Mauchs ist als Wochnerin es war schon der 10te Tag ganz schnell gestorben sie war an einen Lehrer am Landwirthschaftlichen Institut verheurathet in der Schweitz in Waldshuth das Rosle ihre Mutter saß neben ihrem Bette auf einmal sage Sie O! Mutter! und aus war es mit Ihr der Mann war in der Schule hatte Sie wohl & heiter ver= lassen & nun diese Veränderung. Sie war die dritte der Töchter der Marile, zwei Kinder sind da [left margin, rotated 90 degrees, bottom to top] ich will dir das Rezept von meine guten Butterteig sagen der gibt so gute Krapflein wo du so viel eingemachtes hast dieser ist besser machen als von lauter butter bei mir lassen die Kräfte seit einiger Zeit auch nach wenn ich wie es manchmal vor= kommt Vormitags nicht sitzen kann so schlafe ich nach dem Essen von selber ein aber blos eine Vierthelstunde dann geht es wider kann nun auch öfters recht schwach fühlen oder angegriffen wie man sagt wenn der [insertion:]Nord[/insertion]Ostwind geht spühre ich es auch in den Knochen nahmentlich hatt ich es erst so arge schmerzen unten im Kreutz und in den Hüften auch im rechten Arm aber bei weitem nicht so arg wie voriges Jahr, ich finde das die warme Kleidung für alle diese Sachen das beste ist auch in das bette zihe ich mich warm an trage auch seit vorigen Winter ein Flanellleibchen das wirst du doch auch thun l. Schwester ich würde Flanell=hemden tragen wenn es mir nicht zu kostspilig wäre u. wo man schmerzen hatt mir gut mit Flanell einwickeln das thue ich immer vor bettgehen mit meinem Arm, ich danke zwar 1000 mal meinem Schöpfer daß ich zu meinem Alter noch so bin, hast du noch nichts von Julie gehört? ob die beiden bei einander sind oder ob die Julie allein ist? Meine Augen waren in letzter Zeit so schwach daß ich deswegen immer nicht schreiben konnte nun habe ich mir eine neue Brille angeschaft jetzt geht es wider besser, der Herr sei mit Dir und Deinen Mann & lieben Kindern es grü= sent & küsst Euch Alle 1000 mal Deine treue Schwester B. Tritschler [left margin, rotated 90 degrees, top to bottom] sage der l. Pauline Sie müsse die deke recht gut pflegen weil sie so stark ist