Sammlung: Höfeln Family Letters

Verfasser: Babette Fischer (Tritschler)

Empfänger: Charlotte Fischer (von Höfeln)

Bezeichnung: Brief an Charlotte von Hofeln von ihrer Schwester Babette Tritschler, 12. September 1875.

Babette Tritschler an Charlotte von Höfeln, 12. September 1875

Original text

Kirchheim d. 12 Sept. 1875. Liebe theure Schwester! Wenn meine Augen nicht den gan= zen Sommer so schwach gewesen wären hättest du schon längst meinen Brif das kam hauptsachlich von anstrennung her die l. Marie war den ganzen Sommer kränklich mit Einladung der jüngsten Tochter v. Ensles machte Sie diese Luftver änderung & ging 4 Wochen wo sie durch die Tannenluft & [?]Nekarbad[/?] ? ziemlich gestärkt wider zurük kam Der Marie ihr Leiden ligt in den Ner fen in folge deren diese sehr reizbar sind ich bin recht froh daß die Kinder nicht schnell aufeinander kommen der kleine Max ist nun ein Jahr & 5 Monathe alt das laufen hatt er gelernt bis seine Mutter ende Juli wider zurük kam da war es eine grose Freude Mein Tochtermann hatt diesen Frühling einen Garten gekauft in der Jesin ger Vorstadt auf der rechten Seite ehe die letzten Häußer anfangen da hatte ich auch mit zu thun habe welches mir zwar Freude macht mir ist es zimmlich weit vom hause in den Garten da ich seit ein paar jahren Gicht in den Zehen spühre ist es mir schon recht sauer geworden denn die Lederschuhe kann ich fast gar nicht [?]ferstiren[/?] an den Zehen siht mann gar nichts das muß im Blut ligen ich sollte ab[e]r gar nicht kla gen da ich doch mich im ganzen recht Rüstig fühle & vieles leisten auch no[c]h frühe aufstehen kann, dem Herrn sei tausend dank dafür gesagt. Nun sind es ein paar Wochen daß ich am schreiben unterbrochen worden bin weil erstens meine Marie wider unwohl wurde darauf nach Tübingen zu unsern noch einige Tage auf Besuch ging, mir geht es Gott sei es gedankt mit der gesundheit besser als im Sommer da war ich oft sehr müde wenn der Abend da war machte auch das Gartengeschäft, bei uns gab es dieses Jahr wieder zimlich obst besonders viele Zwetschgen, wir bekamen auch alle Gattu[n]gen von Obst im Garten aber von allem nicht viel doch hatte man immer zu essen wie Eure Bäume werden nun auch schon einen schönen Ertrag lifern jetzt habt Ihr also ein recht hübsches und bequemes Haus, & den hübschen Garten dabei wo man so vieles zihen kann, das freut mich sehr für dich Ihr seid eine glükliche Familie zwei brave Kinder das geht noch über alles & ist ein Seegen von oben daß dei ne Gesundheit eben immer schwächlich ist kann ich wohl glauben weil du ja viel arbeit test doch freut mich daß du nun eine Waschfrau nimst für was so schreklich sparen [left margin, rotated 90 degrees, top to bottom] verzeihe mein schlechtes Schreiben was bei Nacht geschah ist fast nicht zum Lesen daß der Körper darüber herunter kommt du wirst doch auch Vormitags ein gläschen Wein oder [roman:]Bullion[/roman] trinken [illegible 2 words] wenn wir auch näher beisamen wären die Julie schreibt mir auch manchmal schickte mir die Phothographie ihrer Johanna ihr Bild ist sehr hübsch & intresant die Züge verathen ein edles & verständiges Herz Johanna thut recht viel für Ihre Mutter sonst könnte diese nicht durchkommen sie schreibt daß Sie nicht viel verdienen könne. Johanna habe in den Füßen zu leiden die Stelle sey für sie zu schwer es komme daher: Sie habe in einem argen Regenweter das Kind aus der Schule abholen müssen & sei dabei recht naß in den Füßen & darauf recht krank daß sie habe nach Hause müssen aber ehe eine Woche herum war habe man sie schon wider geholt ich habe Julie geschriben ob sie nicht zu einer Lehrerin tauglich wäre wen Sie sich volends dazu ausbilden würde Den Julie schrib mir alle frei Zeit widme Johanna der Litratur, ich muß mich wundern daß auch die Johanna Euer Haus meidet da Sie bei Euch so viele Liebe genossen hatt, auch schreibt Julie daß Sie für Ihre Lott in Berlin noch 200 Thaler bekommen habe, welches Ihr recht zu gönnen ist. Die Medotisten Kirche hier ist diesen Sommer eingeweiht worden wo der Bischoff aus Amerika dazu kam ich habe auch daran theil geno men & bin recht erbaut worden auch sind mehrere junge Leuthe zu Predigern ein gesegnet worden die Kirche hatt den Namen Zionskirche erhalten dieselbe steht wenn man durch die obere Vorstadt geht auf der Linken Seite geht es durch ein seiten gäschen dort hatt man einen Garten zum Bauen gekauft ich glaube das meiste Geld dazu kam aus Amerika ist aber noch lange nicht bezahlt es wird in dieser Kirche grosar tig & aufwekend aus dem Sündenschlaf ge predigt ich für meinen theil bin durch die Predigten unseres h. decan recht befridi get hätte daher nicht Ursache zu einer andren Kirche zu gehen unsre Kirche ist wirklich schon längere Zeit außer den Fest tagen zimmlich leer besonders fehlen die Männer die sind viel zu gescheid & gelehrt als daß sie noch an die Bibel glauben darinen lesen [insertion:]das[/insertion] thun Sie nicht aber darüber Spotten & urtheilen daß es ein altes Buch sei von Menschen zusammen getragen aber die Verächter des Wortes Gottes werden ihr Urtheil empfangen. Liebe Schwester ich will nun meinem Brif schlißen obgleich ich noch manches wüßte weil ich dir aber das Bild beilege welches du leicht erkennen wirst & dich auch freuen wird das verheißene Halstuch kommt bald & und wider ein Brif dazu einstweilen lebe wohl ich & die l. Marie grüßen u küßen dich & die l. Deinigen 1000 mal deine dich libende Schwester Babette Tritschler. [left margin, rotated 90 degrees, top to bottom] wünsche dir gesundheit & Alles gute hauptsächlich für den inwendigen Menschen