Sammlung: Höfeln Family Letters

Verfasser: Babette Fischer (Tritschler)

Empfänger: Charlotte Fischer (von Höfeln)

Bezeichnung: Brief an Charlotte von Hofeln von ihrer Schwester Babette Tritschler, 10. März 1878.

Babette Tritschler an Charlotte von Höfeln, 10. März 1878

Original text

Kirchheim d 10 Merz 1878 Liebe theure Lotte! Es ist eben schon wider längere Zeit verfloßen daß ich deinen l. letzten Brif erhalten habe, hoffe und wünsche von herzen daß Ihr Alle einen guten Winter mit Gottes Hilfe durchlebt habet besonders muß ich deiner l. Pauline gedenken wie es [?]mit[?] ihrer Gesundheit steht die l. Johana welche uns kürzlich, hatt Sie uns früher liebenswürdige[r] geschildert der Herr ohne dessen Willen nichts geschihet hatt Euch l. diese Prüfung auferlegt daß diese l. Tochter nicht so gesund sein soll wie andere in diesen schönen Jugendjahren es hatt eben jeder seinen bescheidenen Theil in dieser Welt der Unvollkomenheit zu leiden wenn aber kommen wird das Vollkom mene dan wird das Stückwerk aufhören. Unsere Kinder waren diesen Winter abwechselnt krank aber doch nie ganz gefährlich der Max bekommt es so gerne in den Hals wenn man das überhand nehmen läßt entsteht die Bräune welche schon vielen Kindern das leben gekostet hatt meine l. Marie leidet oft im Unterleib an Verstopfung ist auch sehr Nervenleident doch gegenwärtig geht es Ihr ordentlich. mein Tochtermann hatt einen anstr[e]ngenden Beruf außer der Schulzeit gibt er Stunden auf dem Clavir & Fiolin auch Singstunden das ist sehr anstrengend in folge dessen ist er auch öfters unwohl Da wir nun die bessere Jahreszeit erlebt haben benutzt Er eine jede halbe Stunde zum spazirengehen welches Ihm recht gut bekommt. von mir heißt es ich sei noch am gesündesten ob gleich ich doch spüre daß ich älter werde und meine Kraft abnimt denn wenn ich den halben Tag auf den Füßen waren bin ich genothigt mich nach Tisch ein wenig auf den Sopha zu legen aber höchstens eine 1/2 Stunde den ich kann mich der Schlafrigkeit nicht erwehren auch habe ich wenn sich das Wetter ändert recht empfindliche Schmerzen in den Füßen in dem Gelenck über den Reihen wo sich der Vorderfuß bigt. Doch habe ich alle Ursache dem Herrn zu danken daß ich noch so bin & noch vieles leisten kann, jetzt kommt wider das Garten geschäft welche ich zwar gerne thue nur ist das beschwerlich weil der Garten nicht am hause ist auch hatt sich noch kein passendes [roman:]Logie[/roman] gefunden welches dem Garten näher wäre, denn wir bewohnen ein recht hübsches & geräumiges Logie wir haben fünf ineinander gehende Zimmer wovon nur eines keinen Ausgang nach ausen hatt nebst großer Küche & sehr grosen Hausaehren auf welchen wir drei Kleiderkasten stehen haben welches in den neu gebauten Häußern nicht mehr anzutreffen ist in bezih bezihung auf den Garten gehört eben der fast tägliche Marsch dahin zu den Unvoll kommenheiten dieses lebens welches ich mir gerne gefallen lassen will. Unserer Schwester Julie Zustand ligt mir sehr am herzen Johanna schreibt daß sie so sehr mit Krämpfen geplagt sei der Herr wolle sich ihrer nach Leib & Sele Erbarmen & sie noch zu einer gründlichen Buße gelan= gen lassen den von ihrer Selbstgerechtigkeit wird sie noch nicht geheilt sein überhaupt wird es ihr noch an der rechten Demuth fehlen Da muß aber die Selbsterkentniß vorausgehen ich bitte den Herrn täglich darum daß Er sie durch seinen hl. geist noch recht zubereiten möge in dieser Gnadenzeit zu einem sel. Tod. Denke dein Dötle der Enkelsohn vom alten Kirschmann ist diesen Winter auf besuch in Holzmaden gewesen Zwek seines Besuches war seine Mutter die Gottliebin zu sich zu nehmen, die sich auch wirklich entschlossen hatt am 4 ten Feb. sind Sie von hir fort [a]m 6 t. ging das Schiff von Bremen ab nach [roman:]Baltimor[/roman] ich denke daß sie keine so gute Seereiße gehabt haben den die Ankunft des Dampfer las ich erst am 28 ten in dem Blatt Er hatt uns auch mit seiner Mutter besucht und hatt mir gar nicht übel ge= fallen in seiner Kleidung äußerst einfach gerade so wie sie von dieser Art dort mit dem Wagen in die Stadt herein kommen Er sahe recht gesund aus ist auch Christlich und ging fleißig in die Versamlung, Der Herr hatt auch in den entferntesten Ge= genden ein Volk das Ihm angehört er lebte zuletzt im Staate [roman:]Minesota[/roman] dort hatt er eigenes Land gehabt wo er Futter für die Pferde & daselbe auf ein nicht so weit entferntes Forth liferte und muß sich dabei zimlich Geld gemacht haben seiner Mutter hatt er öfters Geld schicken wollen die hatt aber nie nichts angenommen sie sagte sie habe was sie brauche ich bin begirig ob sich die Gottlibin noch in dortigen Verhältnisse schicken kann sie haben auch ein Mädchen mitgenommen von 18 bis 20 Jahren er will sich jetzt in Westen eine Farm kaufen dort sei ihm das Clima zu kalt gewesen das Clima hir hatt ihm nicht mehr getaucht er war den ganzen Winter hindurch nicht wohl. Die Frau Pf. Kreußer befindet sich wohl doch verbirgt sich das Alter auch nicht bei ihr sie hatt gar niemand als ihre Magd ihrem Bruder dem Pfarrer geht es zimlich gut mit der Gesundheit aber seiner Frau die Caroline ist doch etwas von der Krankheit gebliben sie hatte ja es wird bald ein Jahr sein einen Schlaganfall an dessen folgen sie lange zu leiden hatt ist zwar jetzt wider tätig in ihrer Haushaltung aber in ihrem Kopfe ist es nimmer ganz richtig kann den Sachen nicht den rechten Namen geben und thut auch manches verkehrt sie bekommen jetzt eine alte Frau zur Haushalterin die Pauline lebt in Göppingen & führt eine eigene Haushaltung ist aber nirgends recht zufriden, und doch haben wir keine blibende Städte das beste ist wenn wir den l. Gott & seinen Eingeborenen Sohn zum Freund & Vater haben dann können wir zufriden sein der läßt es seinen Kindern die Ihm vertrauen & sich Ihm übergeben an nichts mangeln sie hatt auch mehr als Sie braucht aber sie möchte immer noch mehr haben, der Carl & Rösle haben keine Tochter mehr zu hause die Lollo welche den Apotheker Mauch hatt hatt schon länger einen Brustcarthar mit Husten welches den Ihrigen Sorge macht diese hatt nur zwei Kinder Der herr Dr. von Plochingen hatt bl ist bald nach der l. Hanne gestorben die Frau dr. hatt auch schon viel durchmachen müssen es sind Ihnen drei Söhne & eine Tochter erwachsen gestorben die Söhne waren schon Alle verheurathet da könnte ich noch vieles von diesen Kindern schreiben wenn es nicht zu weitläufig wäre vileicht ich habe dir schon früher mitgetheilt [left margin, rotated 90 degress, top to bottom] Deinem l. Alexander & der guten Pauline viele viele Grüse. auch von meiner Marie und schreibe es wider weil ich mich nicht mehr erinern kann. Du wirst dich auch noch des Heinrich Schikart erinern neben Eroler hatten sie ihr Haus seine Frau war die Tochter des Schuldheiß von Jesingen dieser ist seit ein paar Wochen in einer Irrenanstalt folge von zerrüteten Ver= mögensverhaltnisse er hatte eine Cement fabrick mit schönem Wohnhaus gebaut Die Frau ist schon viele Jahre Gliderlei dent muß immer das Bett hüthen Er führte einen Leichtsinnigen Lebens wandel eine Ungerathene Tochter hatt auch zum Ruin beigetragen man hatt ihnen Alles verkauft er hatt zwei vornehme Brüder einer Kreis= rath der andere Consistorialrath diese sollen schon viel an dem Bruder gethan haben & bezahlen jetzt auch die Kosten in der Anstalt die Frau ist am ärgsten zu bedauern. Hir ist überhaupt seit zwei jahren viel trauriges vorgekommen der Fall von der Maschinenfabrick wo die Paapire ganz Werthlos geworden sind & so viele Arbeiter Brodlos, dan wider der Bancrott von der Gewerbe Bank wo wider viele ihre ganze Ersparniß dort hatten & das meiste eingebüßt der Cassir von der Bank war ein Sohn von Kaufmann Gros der sich flüchtig gemacht hatt der sich nun in Amerika im größte Elend befindet des alten herrn Gros welche glaubten ihre alters Tage nun ruhig vollends hinzubringen. Der andere Sohn welcher [?]vom[?] Vater die Specerei handlung bekam hatt sich so sehr den Trunck übergeben daß er vor ein paar Wochen starb auch nicht viel Vermögen hinterlies. Die Aussichten für die nächsten Zeit sind wie viele glauben in Politischer hinsicht beängstigend, es kann noch zu einem großen Krig kommen den bis es eine Heerde & ein Hirthe wird müssen großen Krige & umwälzungen voraus gehen da heißt es wachen & beten damit es uns nicht gehe wie den 5 törich ten Jungfrauen. Viele herzliche grüße von meiner l Marie es grüßt dich mit deinen l. M. & K. Deine Ba.Tritschler [left margin, rotated 90 degrees, top to bottom] l. Schwester ich will Dir unser Sontagsblatt schicken es bringt imer das neuste auf kirchlichen & Politischen Gebit.