Sammlung: Höfeln Family Letters

Verfasser: Babette Fischer (Tritschler)

Empfänger: Charlotte Fischer (von Höfeln)

Bezeichnung: Letter to Charlotte von Hofeln from her sister Babette Tritschler, November 15, 1879.

Babette Tritschler to Charlotte von Höfeln, November 15, 1879

Original text

Kirchheim d. 15. Nov 79 Liebe theure Schwester! Als ich von einer Reiße von Nürnberg zurük kam habe ich Deinen l. Brif angetrofen! Du wirst dich verwundern daß ich noch eine solche Reiße unternomen habe meine Gesundheit hatt es mir Gott sei es dank erlaubt & die Nürn berger schriben in jedem Brif ob es den nicht mög= lich sei auf einige Wochen abzukommen diesen besuch wäre ich unsern l. Bruder noch schuldig gewesen den ich schmerzlich vermißte die Marie hatt Ihnen ohne mein wissen geschriben daß ich diesen Sommer gewiß komme aus dem Sommer ist es Herbst ge worden die Gartengeschäfte hatten mich aufgehalten solche Reißen kosten eben Geld dieses hatte ich bei meinem kleinen Einkomen sehr in erwägung zu zihen den ich brachte jedem ein Geschenk bei meiner zurukkunft den l. meinigen auch jedem etwas du bekommst ein paar Handschuhe wenn es geht daß ich sehe in das Cuvert mit einschlißen kann es wäre mir recht leid wenn es nicht sein dürfte, da es neuerdings sehr streng & genau mit den Postsendungen nach Amerika genommen wird für Paquete müsse man den drei= fachen Werth des Inhaltes Porto bezahlen es ist mir recht leid daß ich dir unter solchen umständen das Halstuch nicht auf diesem Weeg zuschiken kann der Postbeamte sagte mir ich möchte eine Gelegenheit abwarten & [illegible spot] kommt jemand bekantes von uns heraus oder hinein wo man ich es mitgeben könnte könnte auch bei der Post in bälde wider ein Preisernidrigung kommen es wäre jetzt schon in Deinen Händen wenn ich es hätte schiken können. Nun führe ich dich nach Nürnberg l. Schwester der Empfang von unsren l. Verwandten war ein recht herzlicher man holte mich vom Bahnhof ab wolten sogar einen Fiaker nehmen allein wir fanden uns nicht es war ein so großer Zug aus veranlasung der Schwabacherkirchweih daß ich weit vom Bahnhof weg ausgestigen bin gut war es daß ich kein Gepäck bei mir hatte & so konnte ich den Weeg bis zum Laufer= schlag(tz)turm gut zurük legen die gute Tante mit ihren Kindern brach in schrecklichen Jammer aus daß es so gegangen ist & ich zu Fuß den weiten Weeg machen mußte u.s.w. unsere Verwandten bilden eine recht l. Familie eben so wie es bei uns war nach unseres Vaters Tod der Sohn Wilhelm führt imer noch das Geschäft der Mutter & zwei Töchter von 21 & 20 Jahren alle drei sind recht brav & fleißig die alte Babette macht Kleider & Pütz & Kinder recht schön & Geschmackvoll das Kathchen hilft ist auch ganz brauchbar haben eine Nähmaschine haben auch zwei Hern in Kost & Logie die Mutter besorgt die Haushaltung die Mädchen helfen ihr wo es noth tuth Der Wilhelm ist ein sehr brav fleißiger und ganz geordneter Mensch jedes gibt seinen Verdinst her damit man die vilen Ausgaben bestreiten kann die Mithe mit dem Laden kostet allein 500 Mark auch Arbeiten die Madchen Alles jeden Morgen die Zimmer der Herren richten wohn & Schlafzimmer & Küche jeden Morgen wischen Schuh & Stifel putzen um 9 Uhr müssen sie schon am Geschäft sitzen sie sind auch alle drei klein von Statur die Mutter ist noch eine recht hübsche Frau corbulent mitlerer größe wo ich dort war ging das Geschäft recht schwach jetzt schrib Er mir gehe es besser doch kann er noch gut allein fertig werden an das Kathchen bin ich gar anhänglich ge= worden als ich Sie erblickte mußte ich sagen du bist meine ähnliche Lotte das hatt mir so wohl gethan! sie ist auch gar so libens würdig u. mit allem so zufriden sie hätte nothwendig diesen Herbst eine Sontagsjacke auf das Kleid zu tragen gebrauchen können aber sie meinte sie könne sich schon behelfen bis man den Mantel anzihe. Übrigens sind sie mit Kleider gut aussehend haben Mäntel & Regenmäntel auch alles schön gemacht, haben auch ein Klavier & spilen recht ordentlich da mangelt aber die Zeit Kathchen ist auch bei dem Singverein der vile Mitglider hatt jeden Mitwoch Abend ist Singstunde Wilhelm hat mir geschriben daß letzten Sontag ein Oratorium auf[insertion:]im[/insertion] d. Rathhaus saal abgehalten wurde wo Käthchen auch mitwirken durfte da bekamen sie 3 frei Billiert u 2 Ma. durch diese Gelegenheit haben die guten Mädchen auch hie & da einen vergnügten Abend den der Sängerin gibt auch vor 23 Nov. diese ganze Woche kam ich nicht zum schreiben weil es mir in meinem Zimmer das man nicht heizen kann zu kalt war & im Wohnzimer zu unruhig Was unsere l. Vaterstadt betrift fand ich selbi- ge nach außen & innen verändert vergrößert & verschönert breite große Trottuars mit gutem Pflaster aus den verschidenen alten Klöstern sind neue öffentliche Gebäude enstanden ein Justitspalast wo die Schwurgerichtsverhandlungen stattfinden aus dem 12 Brüderkloster eine Kunst= schule das Karthäuserkloster ist in das Germa= nische Museum umgewandelt worden welches alle fremden besuchen ich war 2 mal dort konnte mich nicht satt sehen an den Altertümern & Gemäl= den namentlich das Bild unsers Erlösers in verschidenen anschauungen Altertümer aus früher Zeit Alles schön & kunstvoll gearbeitet ungeheuer große Himmelbettladen eine von der Familie Plattner Kachelöfen von ungeheurer Größe vilerlei Gefäße auch zerbrochene dabei aus grauer Vorzeit die schönsten Gemäld deren verfertiger Alle schon zu Staub & Moder geworden sind. ich kan mich hir nicht länger aufhalten – muß dir auch die großartigkeit der Läden beschreiben die Juden haben die schönsten & reichhaltigsten darselben unten an der Museumsbrücke ist ein Verkaufslokal wo alle Stockwerke Magazine & eine Wendel= treppe durch Alle Stockwerke geht & die Gas= flamen bis unter das Dach gehen einem Laden unter den [?]Huthenroider Kaißerstraßen[?] zählte ich bei 100 Gasflammen man kann auch recht billig einkaufen ich hätte mögen mir besser versehen somit Menni [money?] bei der hrl. Gruppe am Oehlberg war ich auch unter wehmütigen erinnrungen an die Vergangenheit da stand manchen schönen Sommerabend eine l. Mutter mit ihren Kindern voran das jüngste voll ehrfurcht den l. Heiland ansahe & zur Mutter sagte Mann! Mann! ---- Auf dem Wöhrter Kirchhof war ich auch wollte das Grab unseres l. Vaters aufsuchen konnte aber die Nummer nicht bekommen die Toden= gräberin versprach mir die Nummer sich vom Wöhrter Geistlichen heran aus dem Todenbuch herausschreiben zu lassen aber es ist nichts daraus geworden, unser Vater ligt in einem eigenen Grab & bleibt noch 50 Jahre zugeschlossen. der Wöhrter Kirchhof ist auch recht schön hat viele Monumenten & die Gräber mit Blumen bepflanzt es wundert mich & berührt mich schmerzlich daß unsere l.Mutter in ein Grab zu verschiden Leuthen hatt mögen begraben werden, der l. Mutter Grab habe ich eben so wenig finden können weil diese schon längst wider ausgegraben ist das geschehe alle 10 Jahre das ist doch viel zu frühe der Johanis Kirchhof ist sehr ver größert worden & großartig angelegt breite Straßen gehen durch wo die Leichenwagen darauf fahren können weil die Juden zur bestimten Zeit nach dem Tod in dem Leichenhaus aufgestellt werden & und der Leichenzug geht von dort zur Grabesstätte der Rochus Kirchhof ist zugeschlossen weil er voll ist Nun ist wider ein Kirchhof angelegt worden man geht den gleichen Weeg & ist beinahe noch eine halbe Stunde weiter hinaus auf dem Weeg nach Johannis kannte ich mich nicht mehr aus da sind viele neue & schöne Gebäude hingekommen große [?]Brunnen[/?] & Fabricken & so ist es mit der ganzen Umgebung der Stadt neue Straßen & die schönsten Mase von Häuser zwischen dem Laufer & gegen das Frauenthor steht die Marienvorstadt dort wohnen meistens reiche Leuthe über Geschäfts sterbung hört man häufig klagen aber um sich vergnügt zu machen haben die Leuthe doch Geld. so sind zur Fürther Kirchhweih am ersten Sontag 16 tausend Person mit der Staats= bahn auch eine [?]schändzahl[/?] da kann man dan kein Mitleiden haben die Tante machte mir auch den Vorschlag hinunter zu fahren allein ich dankte mag gar nicht mehr unter so viel Leuthe sein in Schoppershof waren wir auf der Kirchweih da hatt es bei 800 Menschen gehabt es war eine rechte Kirchweih in einem Eck ein Ochsefest mit Infanterie Musik kleine Kinder mit Rätschgen & Trompethen man konnte da Gänse Fische Bratwürste & Sauerkraut kraut haben auch Küchlein wir haben blos Käße gegessen nahm nichts anderes an in unserm ehemaligen Hause am Obstmarkt habe ich eingekehrt weil es jetzt ein Wirthshaus ist Laden & Wohnzimmer sind nun ein Lokal ein hüb sches 4 eckiges Zimmer bildet kannst dir denken welche Bilder der Vergangenheit an meiner Seele vorübergingen oben ist es noch wie es war in der Küche ein anderer Herd die Zimmer sind noch getäfelt aber darauf gesandelt die besitzer sind anständige Leuthe haben einen einzigen Sohn der Kaufmann ist, der Obstmarkt ist heuer sehr groß das Haus [?]hinunter die Schwägrin ist geht aber [/?][writing line not defined] ist betrübt daß das Haus nicht an unsern Bruder gekommen ist weil die Lage dort so gut ist ich sagte Ihr daß Ihr Mann selber schuld war daß es die Mutter verkauft hatte. das Haus gelte jetzt [illegible] f 20000 die ehemalige babette Kölbel habe ich besucht ihr Mann war Gehülfe bei ihrer Mutter die [spot] Mutter lebte noch mehrere Jahre nach ihrer Verheurathung dann hatt ihr Mann die Balbirstube verpachtet & ist jetzt Sch[p]rachlehrer Er war längere Zeit in Paris & Landen das Haus haben sie noch nehmen viele Mithe ein hatten auch vieles verbaut die Babette ist viel älter als ihr Mann auch immer kränklich Augenleidend kommt nicht aus dem Hause weil Sie einen Lichtschirm tragen muß doch wie ich sahe leben Sie recht glüklich Sie hatte eine große Freude als sie vernahm daß ich es sei den keines kannte das andere so macht das Alter un kentlich auch ihr Mann war äußerst artig ge= gen mich wartete mir mit einem Stük Kuchen auf das er in in der Contitorei neben an holte recht viele Grüße an dich & Julie Auf dem Spithalplatz ist eine schöne Juden Sinagoge wo ein Kloster war links an der Heu brüke & mitte auf dem Spithalplatz das Ertzgegossene Bildniß von Hans Sachs sehr schön & gros hinten auf der Schütt ist das ehemalige Wildbad auch ganz neu hergerichtet worden mit prächtiger Einrichtung nur Sch[w]imschule für Herrn & Damen welche es können springen von einer 12 Fuß hohen höhe hinab und Schwimmen sogleich davon l. Lotte ich kann deinen l. Brif nur ganz kurz beantworten ich bedaure Euch l. alle drei recht von Herzen daß jedes auf andere Art von kränklichkeit heimgesucht aber denen die Gott l. unseren [several words illegible - overwritten] wenn du auch in dein [left margin, rotated 90 degrees, top to bottom] meine Augen sind am krummen Schreiben schuld Gebet und Fürbitte einschlisest der l treue Vater im Himel wolle unsere Gebete erhoren daß wir bei Ihm zusammen leben dürfen in Ewigkeit wenn es auf der Welt nicht mehr sein kann der Herr kommt jetzt bald die seinigen zu erlösen Er kommt mit mit des himels Heer & führt sein Gericht an & alles böse wird vertilgt sonst könnte kein Friedens Reich bestehen den die Gott= losen l. den Friden nicht dann wird der Herr im 1000 jährigen Reich unter seinen Auserwähl= ten Wohnen & wird eine Herde & ein Hirte sein ich wünsche Euch l. recht gesegnete Feyertage meine l. Marie hatte keinen guten Sommer aber jetzt geht es Ihr wider besser die Kinder sind beide wohl Johana geht in die Schule Marie laßt Euch l. herzlich grüßen besonders grüst & küßt dich deine treue Schwester Babette Tritschler