Sammlung: Höfeln Family Letters

Verfasser: Babette Fischer (Tritschler)

Empfänger: Charlotte Fischer (von Höfeln)

Bezeichnung: Brief an Charlotte von Hofeln von ihrer Schwester Babette Tritschler, 4. Dezember 1881.

Babette Tritschler an Charlotte von Höfeln, 4. Dezember 1881

Original text

Kirchheim d. 4 Dec 1881 herzlich geliebte Schwester! Endlich komme ich dazu deine l. Brife zu beantworten es wäre zwar doch bälder geschehen wenn ich nicht immer auf die Adressen der Klostermeyerschen Söhne gewartet hätte welche du gerne gehabt hättest ich habe solche von der Tante Mine verlangt nur die hatt der älteste, Hermann geschriben sie hatte aber den Brif der Marie nach Horb schikt an diese hatt mann in jedem Brif darum ersucht Sie muß es immer ver gessen haben das nächstemal hoffe ich dir solche mittheilen zu können seit dem Tod der l. Pauline steht es nicht gut mit der Familie Klostermeyer hatt ja so ein großes Haus gekauft das Er nicht mehr behaupten kann weil es wie die andern Häußer im Werth bedeutend gesunken ist blos wie eine vortheilhafte Heirath könnte Ihn retten da wird wenig Aussicht vorhanden sein es sind noch 4 Kinder zu hause die älteste Tochter Bertha führt die Haushaltung & versiht Alle Hausarbeiten ohne Magd diese war wo die Mutter noch lebte eine Zeit lang in einer Stelle in der Schweitz wo Sie recht viel gelernt hatt & fleißig geworden ist dan ist auch ein schwachsinniges Mädchen da vileicht schon 20 alt aber im Verstand wie ein Kind Tante Mine die treue Dinerin ist bei Ihnen um all Ihr erspartes gekommen sie hatt es mir mit Thränen geklagt daß Sie Ihr ganzes Leben lang umsonst gearbeitet habe & nun in dem hohen Alter von 82 jaren nichts mehr verdinen könne, Ihre jüngste Schwester die Fr.Revierforster Ensle deren Mann pasionirt ist & nun hir ihren Wohnsitz genommen haben hatt sie aufgenommen, da vor aber schon vorher eine Schweste[r] ein Schullehrers wittwe Gaißer welche noch ein paar jahre älter ist & schon lange krank an alters schwäche man glaubt daß Sie das neue Jahr nicht mehr erleben wird diese ist auch um ihr Vermögen gekommen durch den Klo. er wird eben immer wenn er hatte den Zins zahlen sollen bei den Verwandten geholt haben die gute Pauline hatt viel Kümmer & Sorgen gehabt bis in das Grab, ich weis gar nicht mehr ob ich Euch ihren Tod mitgetheilt habe mein Gedachtniß wird gar schwach solte es nicht geschehen sein so will ich beisetzen daß es ohngefähr ein Jahr sein wird daß sie nach langer Brustkrankheit mit Husten im glauben an ihren Erlöser ver schiden ist. Der Ensle hat nicht viel Glück mit seinen Kindern erleben dürfen der Marie in Horb geht es auch schwer mit dem Durchkommen ihr Mann hatt nicht lange vor seinem Tod ein Haus gekauft welches Er zu einem flotten Gasthof [?]umwandeln[/?] wollte dieses Haus hatt Sie bis heuthe nicht verkaufen können manchmal seht es leer dann stockt Sie mit dem Zinß zahlen hatt drei Kna ben welche auch in die kosten kommen der älteste unfähig ohne Krüken zu gehen weil seine Knochen zu weig sind & dem Körper keinen halt geben so hatt eben jeder seinen bescheidenen Theil & doch sorgt der herr so väterlich & schon zum voraus hätten des herrn Ensles Kinder so hätten diese alten Personen wahrscheinlich keine aufnahme gefunden oder schwer so verpflegt jetzt die Mine die kranke Schwester das ist wider eine Erleichterung für die Fr. Emsle weil sie keine Magd hatt da heißt es auch imer trage des andern Last so ist es auch bei dir l. Schwester du hast [d]ich auch unserer Schwester Juli so liebevoll angenommen ich denke oft daran mit herzlichen Dank gegen Gott daß ich mit innerer Ruhe an sie gedenken hoffend Sie werde auch deiner liebe zu Ihr mit ihrem Thun zu erkennen geben. l. Schwester! ich wünsche dir von herzen Glück zur Geburt deiner ersten Enkeltochter der Herr möge dir viele Freude an derselben erleben laßen er wolle dir auch deine schwache Gesundheit stärken & auch der l. Pauline ich hätte ihr gar gerne auch einmal etwas eingelegt vileicht das nächstemal ich habe so viele Christkindchen zu geben & würde recht gerne thun wenn ich nur nicht so rechnen müßte andern Freude zu machen wäre meine Lust. Nach Nürnberg hatt die Marie eine Karte worauf die beruhigte Nachricht kam, daß es Käthchen richtig erhalten & bald darauf ein danksagungs Brifle an dich geschriben habe da kann man nicht anders denken als daß vileicht die Adreße nicht ganz richtig war es darf nur jlli gefehlt; durch die Nürn berger bin ich in Verlegenheit gekommen sie schulden dem Fritz Finckh ein Capithal von f150 das hatt der Wilhelm zum einkaufen von Uhren entlehnt weil ich nicht aushelfen konnte habe ich den Fritz darum gebeten der es auch gutwillig get. aber der Zins kommt nie zur rechten Zeit dann schreibt die Schwägerin immer an mich dieses Jahr ist nun gar keiner bezahlt worden ich denke es wird die Ausstattung noch nicht ganz bezahlt sein es wird nun dieses Jahr an mir hängen bleiben aber ich kann es erst im Januar thun & an Licht= meß ist sind es schon zwei die Marie kann es nicht geben weil Sie monathlich ihr Haushaltungsgeld bekommt & der Schmid weist nichts davon der gibt nimand nichts übrigends hätte Fritz von rechtswegen Ihnen auch etwas zur hochzeit schenken sollen weil Er reich ist. Deine l. Schwigertochter muß doch recht schwächlich sein weil Sie die Luft dort hatt nicht vertragen können da wird Sie wohl auch die kleine nicht stillen können hir können die wenigsten Frauen ihre Kinder stillen da hatt man eine Amme. Die Frau Pfarrer Kreußer erholt sich aber nicht mehr ganz Magen & Unterleib wollen ihre [roman:]Funktionen[/roman] nicht mehr recht verrichten der herr Dokt. Hauff besucht Sie alle Tage der hatt sein Leiden in den Füßen kann diese nicht mehr recht aufheben daß Er nur noch so daher rutschen oder trippeln kann letzten Montag war der F. Kreußer ihr Geburtstag wo ich ihr jedesmal etwas tate dies mal einen Hoffenkranz welcher ganz gelegen kam ihre zwei Brüder kamen & der F Finckh wo sie eben Kaffe trinken wollten ich meine es könnte das letzte mal gewesen sein wir sind nun Alle um einander alt geworden der Pfarrer Mauch ist nun 78 Jahr alt sieht auch auf einmal recht alt aus seine Frau ist eben immer noch nicht recht im Kopf die bräuchte wo bei Ihr sind sind dadurch schreklich geplagt ihre Sohnerin die Frau Apotheker Keußer schikt Ihnen jeden Tag das Mittageßen das andere kann die Magd allein fertig bringen das ist doch das allerärgste wenn der Verstand noth leidet. Bei mir wakelt es auch meine Kräfte lassen nach ich bin gezwung mich nach Tisch eine halbe Stunde zu legen aber dann geht es wider gut, meine Augen werden immer schwächer & mein Gehör ist auch oft recht schlecht ich habe die Ohren ausspritzen laßen auf dieses ist es etwas besser geworden doch bin ich immer noch zufrieden gegenüber andern meines alters kann doch gottlob jeden Morgen aufstehen & arbeiten wenigstens zu Mitag kochen, es fehlt mir blos ein gleichgesinter Umgang an weltligen Sachen habe ich wenig Freude mehr im Umgang mit dir leben zu können wäre für mich ein großer genuß aber es hatt jeder von seine Pflichten für die seinigen wir wollen uns eben immer ernstlicher bestreben den willen Gottes & des Heilandes zu thun Gottes Wort halten liebe üben & demütig sein dan haben wir Hofnung im Lande der Volkomenheit uns wider zu finden wo keine Trennung mehr statt findet Die Blätter wirst du schon erhalten haben wenn der Brif ankommt ich hätte dir solche dennoch geschickt dacht mir nicht daß es schon wider so viele beisamen sind du darfst mir gar nichts dafür schicken den ich habe bei dir noch alte Schulden & bin froh etwas auf diese Art daran abzutragen auch bist du dadurch immer in Kenntniß wie es in Würten= berg & dem ganzen Deutschen Reich in Politischer & religiößer bezihung aussieht bei den Wahlen für den Reichstag hatt die Socialdemokratie große Siege davon getragen wenn der Sturm einmal los bricht dann wird entsetzlich sein Leben & Eigenthum leid nicht mehr sicher auch kommen immer mehr Raubmord & Selbstmord vor die Gerichte Gottes brechen mit macht herein und kommen schrekliche Zeiten es wird das böse auf dem ganzen Erdboden vertilgt werden den der Herr will ein neues schaffen davon hatt Stitt & Bangel geschriben es kommt Krig, Hunger & Pestelenz auch ein sehr großes Erdbeben wodurch die Erde sehr verändert wird endlich wie die Noth am allergrosten kommt der Herr mit der himmels Heer & mit der Pausaune des Erzengels & dann werden die Toden welche in Christo gestorben sind auferstehen dann nimmt das 1000 jährige Fridensreich seinen Anfang weil der Satan in den Abgrund verschlosen ist nach 1000 jahren kommt er wider los verführt er die Menschheit auf das neue da dieses imer wider 290 Jahre aber dann kommt das jüngste Gericht. Meine Marie mußte heuer wider eine Badecur gebrauch wegen Blutarmuth sie war wider in den kräften sehr herunter gekommen diesmal war sie in Grisbach auf dem Badischen Schwarzwald & hatt Ihr recht gut gedint, aber im Frühjar wenn der Boden sich regt stellten sich wider die alten Zustände ein es ist gut daß Ihr Mann so besorgt für sie ist unsere Kinder wachsen recht heran & lernen auch fleißig wenn ich wider schreibe werde ich hoffentlich ihre Phothographien einlegen können. schreibe mir auch ob ich dir schon mitgetheilt habe daß dein Pathe den du in Holzmaden aus der Taufe gehoben gestorben sei wenn nicht schreibe ich es dir das nächstemal alles einst[illegible] lich. Denke nur l. Schwester daß ich den Boden tepich den ihr mir mitgegeben habt immer noch habe & auch der Marie recht gute Dinste thut man macht nun hier auch solche Teppiche & kaufen kann man die allerschönsten es gibt im Land große Teppichfabriken auch kann man jetzt die Besen haben das ist recht angenehm. Ich & meine l. Marie wünschen Dir einen recht guten & der l. Pauline von der ich hoffe daß es bei Ihr wider besser sey auch an deinen l. Sohn viele hrzl. Grüße auch der l. Julie & Johanna wünsche ich Gesundheit & Euch l. Allen einen glüklich Jahreswechsel Der Herr möchte seine Segenshand über Euch & uns Allen ausbreiten besonders grüßt und küsst dich recht herzlich Deine treue Schwester Babette Tritschler