Sammlung: Höfeln Family Letters

Verfasser: Johanna Schmid

Empfänger: Alexander von Höfeln (Heflin)

Bezeichnung: Brief von Johanna Schmidt an Alexander Heflin, 9. Juni 1895. Johanna Schmids Großmutter, Babette Tritschler, und Alexander Heflins Mutter, Charlotte von Höfeln, waren Schwestern.

Johanna Schmid an Alexander Heflin, 9. Juni 1895

Original text

Kirchheim u/Teck, den 9/6 1895 Lieber Vetter Alexander! Du hast uns schon so oft mit Zeitungen u. dem schönen Album von der Chigagoer Ausstellung erfreut, daß es mir ein dringendes Bedürfnis ist, Dir dafür recht herzlich zu danken. Aus der letzten Zeitung sahen wir, daß Du Deinen Laden vergrößert hast. Er muß wunderschön sein, ach, könnten wir ihn nur sehen! In Gedanken sind wir oft bei Euch Lieben. Und Dein Hiersein bildet noch oft unsern Ge= sprächsstoff. Wie sehr wir alle bedauer= ten, daß es Dir nicht mehr möglich war nach Kirchheim zurückzu= kommen, kannst Du Dir gar nicht denken. Namentlich ich hatte mir so viel ausge= dacht, auf das ich Dich aufmerksam machen wollte. Es hätte noch so viel Wichtiges zu fragen u. zu erzählen ge= geben, daß ichs im ersten Moment gar nicht fassen konnte, daß Du schon weiter nach Paris seiest. Oh! wie viel Schönes hast Du gesehen! Ich erlebte es in Gedanken ordentlich mit. Durch Bücher u. Zeitungen kenne ich die ganze Welt. Wie würde ich mich freuen, könnte ich einmal ein Stück davon sehen. Hat Max fertig studiert, dann wollen wir zusammen tüchtig englisch lernen. Ein Freund von Max studiert gegenwertig Philologie in Amerika weil es dort billiger ist als bei uns. Vorläufig lese ich häufig französisch. Auch komme ich alle Woche einen Mittag mit 3 Freundinnen zusammen um französisch zu sprechen. So erlernt man doch nicht alles. Die Mädchen u. Paul werden fleißig in der Schule lernen. Das schöne, aparte Programm, das Du uns zugeschickt, haben wir erhalten. Es wäre aber zu schön kämest Du mit der ganzen Familie u. l. Johanna eine zeitlang nach Deutschland. Wäre nur die Seereise nicht. Wir bedauerten sehr, daß Du krank wurdest. Ich denke immer, weil ich das Meer so sehr liebe würde ich nicht seekrank werden. Ich bin so glücklich, daß es mir wieder besser geht. Einmal war ich schon 3 Stunden weit spazieren. Leider geht es dem l. Papa gar nicht gut. Er hat einen bösen Husten u. liegt heute im Bett. Wir freuen uns sehr auf die Ferien, wo sich Papa dann erholen kann. Geht es Euch Allen gut? Und ist es auch der lieben Cousine Johanna wieder besser? Es ist doch recht dumm, daß ich nicht englisch kann, da möchte ich Dir lange Briefe schreiben u. auch der l. Perl erzählen was die Mädchen hier für hübsche Spiele machen u. allerlei anderes. Aber so denke ich, daß Ihr nur Mühe habt mit dem Lesen. In Euren Zeitungen habt Ihr gewiß auch von den [roman:]Bissmark[/roman] Feierlichkeiten gelesen. Die haben wir alle freudigen Herzens verfolgt; denn Papa u. wir alle sind Anhänger von ihm. Auch unsern Kaiser lieben wir sehr, wenn er [insertion:]auch[/insertion] manchmal was sagt, das einem nicht so gefällt. Nun wird es sehr heiß bei Euch sein. Haben wir einmal einen schönen warmen Tag, wo man sich in den Garten setzen kann; dan kommt gleich ein Ge= witter, es regnet u. wird kühl. Nun bitte ich, herzliche Grüße an Frau Jessie u. l. Johanna u die l. Kinder. Papa u. Mama schließen sich meinen Grüßen für Dich u. die l. Deinen an u. bleibe ich Deine Johanna Schmid.