Sammlung: Crede Family Papers

Verfasser:

Clotilde Schröder (Crede)

Heinrich Carl Crede

Empfänger: Albert Carl Crede

Bezeichnung: Brief von Heinrich und Clothilde Crede an ihren Sohn, Carl Albert Crede, 10. September 1856. Der größte Teil des Briefes ist von Heinrich Crede geschrieben, mit einer zusätzlichen Nachricht von Clothilde Crede auf der letzten Seite des Briefes (umgedreht geschrieben).

Heinrich und Clothilde Crede an Carl Albert Crede, 10. September 1856

Original text

[roman:] [underline:] Hessen-Cassel, am 10t. September 1856. [/underline] [/roman]

[roman] Mein lieber Carl! [/roman]

Dein Schreiben d. d. Jefferson City v. 6. Juli c. haben wir am 28t. v. M. erhalten und uns recht herzlich gefreut, daß Du gesund bist u. es Dir in Deiner jetzigen Stellung gefällt. Wie lange schon hatten wir mit Sehnsucht einer Nachricht von Dir entgegengesehen und wie hast Du es über das Herz bringen können, uns so lange warten zu lassen; Da Du doch aus der Zeit Deines Hierseins noch recht wohl wissen wirst, wie sehr es uns stets besorgt machte, wenn wir längere Zeit ohne Nachricht von Deinen Brüdern waren. — Dein Säumen können wir Dir nur unter der sicheren Voraussetzung verzeihen, daß Du Deinen Fehler dadurch wieder gut machst, daß Du uns nun desto öfter schreibst. — Du beklagst Dich, daß Du so lange auch von uns nichts gehört habest—, [roman:] Hermann [/roman] wird Dir doch meinen Brief vom 14. Oktober v. J., welchem ich auch eine Erwiederung auf Deinen 1t. Brief angeschrieben hatte, mitgetheilt haben. — Es war uns recht erfreulich aus Deinem Schreiben zu ersehen, daß Du durch Deine Ortsveränderung Deinen Großeltern u. Brüdern so nahe gekommen bist, daß Du solche zuweilen besuchen kannst, was sicher Dein größtes Vergnügen sein wird. — Du schreibst zwar, daß es Dir an Deinem jetzigen Platze weit besser als an dem früheren gefällt, indeß gehst Du zu schnell darüber weg u. theilst uns weder über Deine Hausgenossenschaft, noch über Deine Lebensweise, noch über die Stadt u. deren Bewohner etwas mit; in Deinem nächsten Schreiben hoffe ich wirst Du uns ausführlichere Mittheilung machen, da uns all das Berührte besonders interessieren muß. — Ist die Hauptsprache dort die englische — u. wie kommst Du damit fort? In [roman] [?] Marinetown [/?] [/roman] hat es Dir — wie Du schreibst — nicht gefallen, ich will hoffen u. wünschen, daß Du nicht selbst die Schuld daran getragen, indem sehr viel von uns selbst abhängt, uns einen Ort leidlich zu machen, wenn man den Menschen mit denen man leben muß, soviel als thunlich zu Gefallen lebt, ihnen gefällig u. freundlich entgegenkommt, überall mit Bescheidenheit auftritt u. in allen seinen Handlungen treu, wahr u. aufrichtig ist u. namentlich den Nutzen und Vortheil seines Brodherrn auf jede [underline:] rechtliche [/underline] Weise befördert u. jeden Schaden möglichst abzuwenden sucht. — Du wirst in dieser Hinsicht vielleicht

[page 2]

schon jetzt Erfahrung gemacht haben, wende solche zu Deinem Besten an —, erwäge stets bei allen Deinen Handlungen, welche Folgen solche haben können u. rede nie ohne zuvor zu denken. Deine Freistunden wende zur Erholung Deines Körpers u. zur Ausbildung Deines Geistes an —. Ich wünsche sehr, daß Du einige junge Leute finden mögest, mit denen Du umgehen kannst—, kann Dir aber bei deren Wahl nicht genug Vorsicht anempfehlen und hast Du vor Allem darauf zu sehen, daß solche unbescholten sind u. einen moralisch guten Lebenswandel führen, damit sie Dir als ein gutes Vorbild dienen können. — Es war uns recht erfreulich, aus Deinem Briefe zu ersehen, daß es Deinen Großeltern u. Brüdern gut geht, nur hätte ich gewünscht, daß Du uns speziellere Mittheilung über diesselben gemacht hättest. — Von [roman:] Wilhelm [/roman] haben wir seit [underline*2:] Novb. 1854 [/underline*2] keinen Buchstaben gesehen — was sollen wir davon denken? — [roman] Hermann [/roman] theilte uns in seinem letzten Schreiben vom 31t. [roman:] Januar [/roman] d. J. mit, daß [roman:] W. [/roman] im Herbst v. J. den Farm verlassen u. in einer 15 Meilen von da entfernten Schneidemühle arbeite u. aus Deinem Briefe ersehe ich, daß er sich gegenwärtig auf einem Farm befinde, / [underline:] wo? [/underline] und Lust habe nach [roman:] Jefferson [/roman] zu kommen. Kann er da gute Arbeit finden, so wäre dies für Euch beide sehr angenehm, da ihr dann Eure Freistunden zusammen zubringen u. zuweilen Eure Großeltern u. [roman:] Hermann [/roman] / da solche nur 12 Meilen / englisch? / entfernt wohnen, zusammen besuchen könntet. — Wie machst Du Deine Reise dorthin? Mit Dampfschiff? pp. Dein Wunsch lieber [roman:] Carl [/roman] uns bald dort zu sehen, wird in Kürze der Zeit noch nicht in Erfüllung gehen können. Obgleich — wie Du überzeugt bist — wir alle uns herzlich danach sehnen, bald wieder mit Euch vereint zu sein, so ist dieser Schritt doch sehr ernst zu erwägen —. Unsere Vermögensverhältnisse sind leider nicht der Art, uns dort eine sorgenfreie Existenz zu schaffen u. kostet die Reise u. was sonst damit in Verbindung steht, solch ein Kapital, daß uns nur etwa noch 1000rth übrig bleiben würden, womit wir dort nicht viel würden anfangen können; wir müssen also darauf rechnen, daß Ihr meine Söhne durch Energie, Fleiß w. ein treues Zusammenhalten demnächst dazu beitragen könnt, daß unser

Aller

[page 3]

Aller Wunsch in Erfüllung gehe und darf ich wohl erwarten, daß ein jeder von Euch das Seinige nach Kräften dazu beitragen wird. — Meine Dienst- u. Besoldungsverhältnisse sind leider noch immer dieselben—, vielleicht, daß sich solche in der Kürze verbessern, jedoch ist mit Sicherheit nicht darauf zu rechnen, durch Privatarbeiten verdiene ich jetzt sehr wenig—, außerdem ist — trotz der guten Ernte — alles so enorm theuer, daß wir ohne zuzusetzen nicht durchkommen können—. Obgleich nun dieses hart ist, so haben wir doch Gott zu danken, daß wir sämmtlich gesund sind und nicht wie viele tausende hier Noth zu leiden brauchen —. Deinen Schwestern, welche Deine Grüße auf's herzlichste erwiedern, gehts ja recht gut, sie besuchen fleißig die Schule u. üben sich in allerlei Handarbeiten, damit sie demnächst auch ihr Brod verdienen können.— Therese, welche seit 3/4 Jahr die Schule besucht, liest u. schreibt schon ziemlich u. hat es schon so weit gebracht, daß sie ohne Beihülfe stricken kann—. Adelheid, die recht gewachsen u. nicht mehr so dick ist, genießt mit frohem Muth noch der Freiheit, wird aber nächste Ostern auch zur Schule gebracht werden —. [roman:] Minchen [/roman] ist noch so ruhig wie sonst, aber fleißig u. brav. — [roman:] Angeline [/roman] ist sehr groß geworden u. kann ihrer Mutter schon Hülfe leisten — mit ihrem Kopfweh hat es sich gebessert. — In [roman:] Kauffungen [/roman] geht's leider Gottes immer noch sehr traurig—, Deine gute Großmutter ist fortwährend äußerst leidend und wird auch nur wohl der Tod ihr Leiden enden—. Sie läßt Euch Alle recht herzlich grüßen u. hegt die besten Wünsche für Euer Wohlergehen — auch Tante [roman:] Louise [/roman] gedenkt Eurer mit Liebe. In unserer Verwandtschaft haben sich keine großartigen Veränderungen zugetragen — auch im Kreise Deiner Bekannten ist seit Deiner Abreise nichts Erhebliches vorgefallen. — Der Herr Graf [roman:] W. H. [/roman] ist vor Kurzem Stadtförster in [roman:] Witzenhausen [/roman] geworden—, sein Bruder [roman:] Curt [/roman] ist in Uebelngönne Verwalter—. [roman:] Wilh. Lampmann [/roman] ist in [roman:] Böhmen[/roman] , wo es ihm gut geht. [roman:] Carl Winhold [/roman] arbeitet in [roman:] Bremen [/roman] — die beiden [?] Marvin [/?] beabsichtigen nächstes Frühjahr auszuwandern — Dein Freund [roman:] Ernst Bechtel [/roman] wird Kaufmann — derselbe läßt Dich herz. grüßen — ebenso auch [?] Marvin [/?] — [roman:] August Hold [/roman] ist nach halbjähriger Abwesenheit in der Fremde glücklich zu den Seinigen zurück gekehrt — dessen Tante [roman:] Herbold [/roman] ist vor Kurzem verstorben. — Hast Du denn in [roman:] St Louis Bernhardi [/roman] [underline] nicht [/underline] besucht? [underline:] Du schreibst mir ja kein Wort von Deinem [insertion:] Brief [/insertion] freunde [roman] Ernst Günther [/roman] [/underline] ! —

[page 4]

Schließlich mein lieber Carl wünsche ich noch herzlich, daß Du frischen frohen Muth fasstest u. die Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen nicht sinken lässtest. Möchtest Du Freude am dem von Dir gewähltem Berufsgeschäfte haben u. kräftig genug dazu sein solcher mit Eifer zu betreiben, damit Du für die Zukunft sorgen kannst. — Es ist mir ein äußerst erhebender Gedanke, wenn ich der Hoffnung Raum gebe, daß ich mit Euch Allen auf einer [roman] Colonie [/roman] vereint sein werde — u. ich sollte denken, wenn Ihr recht einig zusammen seid u. treu zusammen haltet u. tüchtig arbeiten könnt, dann sollte dies Ziel nicht mehr so fern sein—. Lebe wohl lieber Junge u. schreibe sobald es Dir Deine Zeit erlaubt recht umständlich u. laß nur nie so lange auf Nachricht warten, schreibe mindestens alle 2 Monate regelmäßig. Sende Deinen Brief nicht [roman] francr [/roman] — ich glaube, daß sie sicherer bestellt werden. — Empfiehl mich Deinem Lehrherrn unbekannter Weise u. bitte ihn in meinem u. Deiner Mutter Namen, daß er sich Deiner väterlich annimt — u. suche Du durch gutes Betragen u. Fleiß Dir seine Liebe zu gewinnen.

Dein treuer Vater Credé.

[page 4, additional message written upside-down]

Mein lieber Carl! Recht sehr habe ich mich gefreut, endlich ein Brief von Dir zu haben u. daraus zu sehen, daß es Dir jetzt gut geht ich wünsche von Herzn das Du immer zufriede u. froh bisst, es ist aber auch an Dir, das Deinig dazu zu thun, es zu sein, ich bitt Dich mein liebes Kind, thue was Du kanst zufried. u. froh zu sein, [insertion:] sei [/insertion] fleißig, rechtschaffen u. gut, [strikethrough:] das [/strikethrough] fliehe gotlose böse Menschen, thue was Du kannst ein recht guter Mensch zu werden, damit wirst Du mich glücklich mache; Du schreibst Du hättest uns oft entbehrt, auch ich habe mich oft nach Dir gesehnt, doch es wird wohl noch einige Zeit wehren, bis wir wieder vereind werden, wende die Zeit des warten dazu an recht viel zu lernen [strikethrough:] dem [/strikethrough] Wenn es Dir wiede mahl nicht nach Wunsch geht u Du hast nicht uns wieder, so wende Dich in ein herzlich fromm Gebeht zu Gott. Dein himlisch Bitt für kan mehr für Dich thun wie Vater i Welt. Du glaubst nich was es für ein Throst ein from Gebeht ist, ich bitt Dich bleib fromm u gut bethe Morgens und Abend [?] fleißig [/?] es wird Dir alles besser von statte gehen. Habt Ihr dorrt auch ein Kirge besucht suche oft Du kanst. — Schreibe recht bald wiede über Dein Lehrmeister u Frau was es fur Leut sind u wie Sie es mit [strikethrough:] Dirr [/strikethrough] meinen. Wie sied es mit Dein Kleider aus, sind sie Dir nicht zu klein geworden sind Deine Hemd u [insertion:] Strumpf [/insertion] noch gut ach wie gern würd ich Dir sie [?] versorgn [/?] wen es nich zu weit wehre. — lebewohl mein lieber klein Sohn u denke recht oft an Dein Mutter Clothilde