Sammlung: Benecke Family Collection

Empfänger:

Empfänger: Josephine Amerlan (Benecke)

Bezeichnung: Brief der Familie Benecke, 14. September 1907.

Brief der Familie Benecke, 14. September 1907

Original text

Krefeld d. 14. 9. 07.

Bismarkplatz 6

Lieber alter Joseph!

Wie hatte ich mich gefreut, Dir nach so langen, langen Jahren mal wieder mündlich gratulieren zu können! Den 16ten vergnügt mit Dir u. Louis zu verleben. Morgen, Sonntag, wollte ich mich zur Geburtstagsüberraschung auf den Weg machen, falls Ihr nicht in Kissingen wart. Nun hält mich eine so betrübende Veranlassung fern u. ich kann Dir nur papierne Grüße, Glückwünsche u. Küsse senden.

Lieber alter Joseph, möchte Dein neues Lebensjahr doch die Kräfte noch immer mehr geben, die Dir die deutsche Herimatluft zurückgebracht hat, damit Du Dich in jeder Stunde ungetrübt des Glücks freuen kannst, an der Seite u. im Herzen

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des [underline] allerbesten [/underline] Mannes zu leben, den es giebt. (Ich bin 3 volle Monate mit Euch zusammen gewesen u. muß es wissen!) Bei der Heimkehr erwarten Dich Deine liebevollen, klugen Söhne u. Deine schönen, reizenden Töchter mit ihren Kindern u. ihren Euch so sympathischen Männern - u. Alle erwarten Euch mit so inniger Liebe. Du bist fürwahr eine glückliche Frau! Der liebe Gott erhalte Dir Dein Glück - das ist das einzige was zu wünschen bleibt. Und er wird es!

Martchen sendet Dir ihre Glückwünsche warm u. herzlich durch mich. Sie hält noch immer ein wenig an der Hoffnung fest, Euch wenigstens zu sehen wenn Dein Mann seinen Besuch in Köln vielleicht

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mit der Heimreise verbindet. Dadurch würde ich doch auch noch ein bischen mit Euch zusammen [insertion] sein [/insertion]. Die Zeit im Harz mit Euch lieben Beiden war zu schön; es will mir gar [insertion] nicht [/insertion] in den Sinn, daß sie ein so plötzliches Ende gefunden habe sollte. Wie es dem armen Rudolf geht, gehört nicht in einen Geburtstagsbrief. Ich werde es auf ein besonders [strikethrough, 1 letter] Blättchen an Mammchen schreiben, das Ihr natürlich lesen könnt. -

Euch erzähle ich lieber, daß ich in Berlin auf der Durchreise noch mal in unsrer altgewohnten Konditorei Kaffee getrunken habe. Es war mir teils nett, teils wehmütig u. die Zwischenzeit bis zum Abgang des Schnellzuges nach hier (1/2 10 Uhr abends) hätte ich auch lieber mit einem gemütlichen Skat

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bei Frau [?] Bacholy [/?] ausgefüllt als mit dem langweiligen Alleinsein in den öden Wartesälen des Potsdamer Bahnhofes. Selbst lauter [?] "Muß-Rämsche" [/?] wären mir lieber gewesen; auch wenn ich sie alle verlor. -

Dies einliegende Knäulbeutelchen sollst Du mit nach Amerika nehmen. Als feiner Passagier I Kl. kannst Du Dich unmöglich mit meinem dintenbespritzten grauen sehen lassen. Und weißt Du weßhalb ich es grade rot u. grün gehäkelt habe? Das Rot bedeutet die große Freude, die das Wiedersehn u. das Zusammenleben mit Dir mir war; u. das Grün ist die Hoffnung, daß Louis Wort hält u. Dich samt Kind u. Kegel noch mal nach Deutschland bringt ehe wir zu alt werden zum Freuen.

[left margin:] Daran halte ich fest u. sende Euch Beiden die innigsten Grüße u. Küsse. Louis muß sich auch einen gefallen lassen, es ist nur ein mal Geburtstag im Jahr. In treuer Liebe Deine alte [?] Ta [/?] A.