Sammlung: Charlotte Fischer von Höfeln Letters

Verfasser: Babette Fischer (Tritschler)

Empfänger: Charlotte Fischer (von Höfeln)

Bezeichnung: Brief an Charlotte von Hofeln, möglicherweise von ihrer Schwester Babette Tritschler, 14. Januar 1877.

Babette Tritschler [?] an Charlotte von Höfeln, 14. Januar 1877

Original text

[page 1 (sheet 1, right-hand side):]

Kirchheim d 14 Januar 1877.

Meine l. Lotte!

Du wirst gar denken ob ich nicht gestor
ben sey, allein das Schreiben geschiht mir
sauer besonders bei Nacht dan kann ich gar
nicht mehr am Sontag habe ich kranken
besuche zu machen weil ich bei einem
Krankenverein bin & wenn ich nicht am schreiben
bleiben kann mag ich nicht anfangen
Es freut mich von herzen daß du dich
nach deinem l. letzten Schreiben sammt dei
ner l. Pauline wider besser befunden
habet gebe Gott daß es indessen nicht
wider schlimmer geworden ist, auch bin ich
wegen des schlimmen Zustandes der l.
Julie sehr in Sorgen bitte immer den l. Gott
für sie Er möchte Ihr ein zufridenes Herz
schenken ihr mit seinem Trost & Hülfe nahe
sein Glauben, Liebe Hoffnung in ihr vermehren
wünsche von ganzem Herzen daß das neue
Jahr bei Ihr besser angefangen hatt als es
im verfloßenen war, auch dir deinem l.
Mann dem l. Alexander & Pauline wünsche
ich ich beste Gesundheit & geistlichen Segen in
himlischen Gütern durch Christum & daß
ich & ihr liben Alle hindurch kommen mögen

[page 2 (sheet 2, left-hand side):]

wenn in diesem wichtigen Gerichsjahr
die Stunde der grosen Versuchung herein
bricht welche über den ganzen Weltkreis
kommen wird der große Krig welcher
sich im Orient entzündet wird hauptsächlich
über das Deu[t]sche Reich herein brechen
der Herr wird uns mit seiner Gnade
& Barmherzigkeit bestehen daß wir einen
Felsenfesten Glauben an Ihn & seinen gelibten
Sohn als unsern Erlöser & Versöhner als
Überwinder aus den grosen Bruthölen hervor
gehen möchten der Glaube ist der Sig welcher
die Welt überwindet. Das Lid N 392 in
unsern Gesang gibt anleitung zur Selbstprüfung
beim Glauben. auch wird der lebendige Glau
be uns einst zur Gerechtigkeit gerechnet
den selig sind die nicht sehen & doch glauben.

Mit meiner Gesundheit geht es mir Gott
sei tausend Dank dafür recht gut ausgenomen
die schwachen Augen auch [insertion:] oft [/insertion] Schmerzen
in den Füßen aber nicht immer der rechte
Arm namentlich die Achsel sie machen
mir auch oft Schmerzen nachdem die
Witrung ist wir hatten bis jetzt einen
recht gelinden Winter schon vor
Martini hatten wir eine Woche recht
kalt dan wieder gelindes Wetter
bis zum Christag da bekamen wir
Schnee da freuten sich unsere Kinder

[page 3 (sheet 2, right-hand side):]

sehr darüber weil Sie zum Christkindchen
einen Schlitten bekamen Johanna
& Max hatten bisher auch einen gesunden
Winter sie machen geistig & körperlich gute
Fortschritte aussicht zu einem dritten Kind
sind keine vorhanden die Marie ist eben
nicht mehr so gesund wie früher ist Nervenleident
& Blutarm an dem leiden
gar viele Frauen. Dein l. Alexander
hatt zur verschönerung Eurer Zimmer
ein Meubel angeschaft! ich muß
daß dieses mich selber recht für dich freut
erstens daß Er sein Geld nützlich verwendet
& zweitens den Eltern damit
Freude macht wo Ihr Euer Vergnügen
mehr zu hause & beieinander suchet
als auser dem hause, es ist mir auch
ein genuß daß ich ein freundliches Zimmer
mit hübschen Meubels habe auch
habe ich Mitagsonne auch ein Blumen
brett diese sind schon ausgeschlagen
wie im Merz ich befürchte ob ob
der Winter nicht noch nachkommt

Am Morgen des 3 Januar zwischen drei
& 4 Uhr wurden viele bewohner unserer
Stadt in Furcht & Schrecken versetzt
durch ein donnerartiges Getöße, denn
das Haus des herrn Stadtschuldeiße

[page 4 (sheet 1, left-hand side):]

wollten rachsüchtige Gottlose Menschen
mit seinen Bewohnern welche im
bestem schlafe lagen in die Luft sprengen
Doch hatt ein höres Auge gewacht
daß das Bubenstück nicht ganz gelingen
durft den die sämtlich 6 bewohner
sind mit einem fast tödlichen
Schreken davongekommen, es ist dieses
noch der gleiche Stadtschuldheiß Heim
welcher schon zu unserer Zeit schon am
Ruder war es ist wirklich eine göttliche
Bewahrung daß nicht eins von allen 6
verletzt vom Wohnzimmer sind alle Meubels
in den Keller gesunken auch ein Clavir
& Nahmaschine das Haus ist gar nicht
mehr zum bewohnen in den Nachtkleidern
& Barfuß mußten die Personen das
Haus verlassen auf einem Balkon heraus
rutschen weil die Stige weg die Hausthüre
war weit weg geschleudert

Die Ursache zu dieser That soll sein weil
nicht so viele Leuthe mehr in den Wald
zum holzauflesen dürfen & sind nur
noch eine kleine Anzahl Holzzettel an
die allerbedürftigsten ausgegeben worden
der Wald wird durch diese
Leuthe häufig beschädigt deswegen
diese beschränkung

[here the letter ends abruptly without a closing phrase or a greeting]

[Envelope front:]

Mrs. Charlotte v. Hoeflin
Washington jlli
Nordamerika

[German cancellation stamp] KIRCH [illegible]TECK 18 JAN 1877

[Envelope back:]

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