Sammlung: Hinrichs Family Letters

Verfasser: Wessel von Koten

Empfänger: Wesselina von Koten (Hinrichs)

Bezeichnung: Brief von Wessel von Koten an seine Schwester, Wesselina Hinrichs, Mai 1874.

Wessel von Koten an Wesselina Hinrichs, Mai 1874

Original text

Bremen den May 1874

Geliebte Schwester

Habe viel Verdruß und Kummer von alle Fidey- commis Prozeße gehabt, mit großer Aufopfe- rung und Kosten durchgeführt, hätte den Prozeß gegen die Frau aus Bingum für Dich geführt verloren, hättest Du nichts mehr bekommen können, die Ansprüche für deine Kinder für immer verloren,

Jetzt muß ich deinen Auftrag an Abbes zu folge gegen dich den Prozes führen, welcher jetz schon über 30 rth kostet welche Dir in Rechnung stellen muß, beeilst Du Dich nicht, mir eine neue General- und Special Vollmacht zu senden, dann kommen noch viel größere Kosten zu gleich, die Vollmacht von Abbes zurück nehmen Schwester wie kannst Du mir so schlegt behandeln da ich alles für Dich gethan und ohne mir hättest Du keinen Pfenning vom Fideycommen bekom- men und nach deine Handlungsweiße großer Undank, welcher welcher mir dem Grabe zuführt willst Du es noch wider gut machen, dann Eile, so nicht dann Du Dir sagen, ich habe meinen Bruder sein Leben verkürtzt, kannst Du das verantworten? Wir wohnen jetzt bey unsere Kinder in Bremen

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welche es nicht nicht lange aushalten konnten das wir uns so grämen durch meinen Reumatismuß fiel mir das Schreiben schwer aber Du die Sache in Fremde Hände gegeben habe soviel Verdruß das ich nur mit der größten Mühe schreiben kann, unser neuer Schwiegersohn der uns wie ein rechter Vater behandelt der es auch übernommen die Briefe zu schreiben, wovon Du auch schon 2 Briefe erhalten deßen Handschrift Du jetzt kennst wird in Zukunft die Briefe schreiben und bitte sämmtliche als von mir geschrieben zu betrachten

Gestern ist Er noch nach Abbes gewesen, hat den freundlich ersucht, die Klage 4 Wochen aufzuschieben, wollte es aber nicht, nun geht die Sache durch Abbes verschulden am Obergericht zu Aurich, Abbes und der Consul wollen sich über deinen Geldbeutel hermachen am Ende gehst Du ganz leer aus

Vor drei Tagen hat mein Schwiegersohn durch einen Wechsel an deinen Notar 100 rth gesandt, Dir zu übergeben, und zugleich Ihm geschrieben welche Papiere, und den Contract zusenden, erhalte die nicht, dann kannst Du sagen ich habe, Bruder zu grabe gebracht, der alles für mich geopfert, schneller Tod wäre denn für mir Wohlthat jetzt handle nachdem Du glaubst es verantworten zu können

Das Du Dich hast von den Consul so belügen laßen und, ohne mir zu fragen Ihm die Macht in Händen gegebn und mir zu nehmen ist unverantwortlich von Dir

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Der Consul der Dir mit grober Unwahrheit gesagt ich hätte Dir schändlich betrogen kann ich nicht anders denken als Dir zu bewegen Ihm die Sache in Händen zu geben, wo Er seinen guten Nutzen ausziehen wollte, die Be[???] das Er vom Oberappellations Gericht wußte ist ganz falsch denn das Obergericht in Celle kannte die Brutto Einnahme nicht, noch weniger die reine Einnahme.

Er hat Dir gesagt es brachte 3000 rth reine Einnahme auf, statt dessen ist es Brutto nur 1500 rth dann für die ganz alten Gebäude großen Unterhalt, dazu kommen noch Deich u Siehl-Lasten und nach dem jezigen Preusischen Gesetz müßen alle Lasten abgelöst werden, so das nicht mehr als 1200 übrig dann wie Dir doch bekannt muß ich jährlich ein Drittel an die Bauern auszahlen wo für deinen Theil 800 rth übrig bleibt dar nach kannst Du den falschen Bericht des Consuls abmeßen der dich schändlich irregeführt Jetzt ist es in Deine Hand mir die Papiere mit der ersten Post zu senden oder ich werde meinen Bruder seinen Tod befördern, mit der größten Anstrengung diese zeilen, zeige noch Schwester - liebe mein hertzlicher Gruß

mache jetzt wie Du es glaubst verantworten zu können

Dein Dich treuer Bruder

W. von Koten