Sammlung: Hinrichs Family Letters

Verfasser: Hinderk Penning

Empfänger: Wesselina von Koten (Hinrichs)

Bezeichnung: Brief von Hinderk Penning an Wesselina Hinrichs, 15. Januar 1875.

Hinderk Penning an Wesselina Hinrichs, 15. Januar 1875

Original text

Bremen, den 15. Jan. 1875.

Herzlich geliebte Tante.

So eben erhalten wir Deinen Brief, worüber wir uns herzlich gefreut haben. [insertion:] Maike [/insertion] lina an die Du denn eigentlich geschrieben hast, beauftragt mich denn, sogleich wieder zurückzu schreiben, was ich um so lieber thue, da wir schon sehnlich auf eine Antwort von Dir gehofft haben. Wir konnten uns gar nicht erklären, wie es kam, daß Du gar nicht schriebst und sehen wir nun zu unserm größten Schrecken und zu unserer größten Verwunderung daß Du manche Briefe gar nicht bekommen hast. Leifert, mein Schwager hat mehre Male an Dich geschrieben, es ist auch ein Wechsel an Dich abgegangen aber, weiß Gott, wie es zu geht, daß Du weder das Eine noch das Andere bekommen hast. Wir haben den Brief

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mit den Wechsel recommandirt und werden hier schon Schritte Thun, das Nähere zu erforschen. Merkwürdig! und daß Du wie auch wir über Alles im Unklaren sind, läßt sich nun begreifen. Beruhige Dich aber, liebe beste Tante darüber; es wird alles wieder in das richtige Geleise gerathen. -

Unser guter Vater, dein lieber Bruder, ist wie Du doch schon erfahren hast, nicht mehr! Die Rolle, die er ausfüllte, ist leer und diese Leere empfindet besonders unsere alte gute Mutter. Wenngleich wir alle in tiefe Trauer versetzt sind, so empfindet unsere Mutter den Schmerz am meisten. Er war lange krank, kränker als wir alle nicht glauben wollten und mochten, denn was man nicht gern will, glaubt man auch nicht gerne! In der letzten Zeit seines Lebens aß er wenig; er aß fast nichts und es schien, als ob Gram ihn quälte. -

Er starb dann, ich weiß nicht, ob ich’s geschrieben habe am 22. October. Wir hatten vorher natürlich den Arzt geholt und dieser gab uns denn auch gar keine Hoffnung mehr und alle Mittel, die derselbe an wandte, waren bloß zur Linderung seines Leidens, aber um den unerbittlichen Tod zu vertreiben, dazu waren auch seine Mittel zu schwach. Sanft ruhe seine Asche!

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Gerne wollte ich dir, liebe Tante noch mehr darüber mittheilen, doch - die Zeit läßt die Wunde vernarben.

Leifert, mein Schwager, wohnt nicht mehr hier in Bremen: er ist nach Harburg versetzt. Meine Schwiegereltern wohnten mit Leifert´s in einem Hause und ist nun unsere Mutter zu uns gekommen. Cornelia, die jüngste Tochter, ist mit Leifert’s nach Harburg gezogen und gefällt es denn dort wohl. Wir wollen unserer Mutter die letzten Abende des Lebens noch ver süßen: die alte Frau verdient es.

Und nun noch eins, liebe Tante! Deine Interessen Deine Einnahme betreffend, werde ich wahrnehmen, wenn Du mir das Vertrauen schenkst. Ich weiß wohl, daß Du mich zu wenig kennst, allein, wenn ich Dir versichere, daß ich nur das Interesse und das Recht Deiner im Auge habe, auch daß ich als geborener und erzogener Ostfriese die Wahrheit spreche, so wirst Du mir Vertrauen schenken können, denn die wirklichen Ostfriesen sprechen, wie sie’s meinen!

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Schreibe bald wieder, liebe Tante; wir alle bitten herzlich. Mir persönlich thut es Leid, daß ich dich so wenig gesehen habe, doch so viel ich von dir höre, muß ich auch wie die andern Familien glieder, Dich herzlich lieb haben. Sehen möchte ich Dich doch wol einmal! Glaube mir nur, deine Maikelina, meine Frau, soll es gut bei mir haben und auch unsere alte Mutter, Deine Schwägerin. Wir haben hier in Bremen, Gott sei dank! unser Auskommen, wir können gut leben! Ist das nicht ein Segen? Ja wohl ist es ein Segen und wir wollen Gott danken, daß es so ist, sind doch Sorgen um das liebe Brot schrecklich! Bis hierher Dein

Penning

[in a new hand:]

Meine Liebe Tante Dein Brief hat uns heute recht erfreut, denn Jette Gruß, nun möchte ich gerne wissen ob Du bei Jette in Hause bist Denn liebe Tante schrei- be doch mal, wie es Ges. Busmann geht? ob sie weit von Dir wohnt Liebe Tante grüße alle Deine Lieben von Deiner Maikelina.

[in a new hand:]

Nun noch eine Bitte. Nach Empfang dieses Briefes schreibe gleich zurück, und theile uns mit, ob Du den Brief mit dem Wechsel vielleicht