Sammlung: Höfeln Family Letters

Verfasser: Auguste Finckh (Palm)

Empfänger: Charlotte Fischer (von Höfeln)

Bezeichnung: Letter to Charlotte von Hofeln from her cousin Auguste Finckh, September 13, 1852.

Auguste Finckh to Charlotte von Höfeln, September 13, 1852

Original text

Kirchheim angef. den 29. August Sont. beendigt. den 13. Sept. 52. Geliebte Lotte. Der Eindruck der Herzensfreude die sich unserer bei Empfang deines lieben Briefs bemächtigte ist so stark, daß es mich drängt sogleich mit der Beantwortung desselben den Anfang zu machen, wir erhielten ihn am Todestage (den 27. Aug.) der lieben, Großm. wo/wie du weißt sich die Geschwister der l. Mutter hier versammeln, u so diese erfreuliche Neuigkeit der ganzen Familie sogleich mitgetheilt werden konnte. Babette hatte hatte zwar deine Verheirathung, berührt, jedoch ohne nähere Bestimmung, wodurch unsere Erwartung und Sehnsucht um so mehr gespannt wurde.- Du hast ein gutes Theil erwählet, der niemehr es ist dir von Herrn bescheert worden dem wir alle miteinander dafür danken wollen, denn was gibt es höheres auf dieser Welt, als die Übereinstimmung in den Gesinnungen, zweier Herzen gegründet auf das feste Wort Gottes. und was dir diesen Schatz um so köstlicher machen wird, ist die jüngste Vergangenheit, in der Du Dieses so viel vom Gegentheil zu erfahren hattest; aber Freude u Ruhe im Blick auf die Zukunft macht Dir gewiß der Gedanke, daß Du ausgeharrt hast, und nicht eigenmächtig, dich der Führung des Herrn entrissest, u vielleicht dadurch des besten Segens verlustig gegangen wärst.- Aber auch im äusseren ist Dir ja alles was ein bescheidenes u. zufriedenes Herz begehren mag geworden ja noch mehr, Du bist in Wahrheit eine Freifrau, freier als in Deutschland. Der lästigen Ehegatte überhoben, einfacher und darum sorgenloser, ja ich möchte Dich sehen. in Deiner neuen Stellung, als zärtlich Gattin, u geschäfftige Hausfrau, so inhaltsreich auch Deine Briefe sind, so lassen sie doch noch Fragen übrig die, wir eben mit Muthmaßungen auszufüllen genöthigt sind, Amerika liegt mir jetzt auch gar nicht mehr so fern wie ehedem ich hasche nach allen Berichten wo durch, ich meine Kenntniß in Deiner [insertionion:] u eurer [/insertionion]Heimath erweitern kann. Selbst Ostfriesland die Heimath des lieben neuen Vetters ist für uns keine so unbekannte Provinz. Friz hat nämlich in Tübingen einen Freund Namens Von der Waell eben daher gefunden, weil derselbe arm und zu weit von Hause entfernt, ihn in die Osterferien mit hieher gebracht, derselbe ist ein sehr talentvoller lebhafter junger Mann u. wenn ich mich noch recht erinnere ganz in der Nähe von Norden zu Hause, er kam durch die Verwendung eines Freundes nach Tübingen um Becks Colleg zu hören hatte auch in der letzten Zeit seine Wohnung im Beckischen Hause in Albershausen predigte er mehrmals und erndete von Oncles Pfarrkindern den Begeistertersten Beifall. jetzt ist er bereits wieder in seine Heimath zurück gereist. Die liebe Mutter hatte einen erträglichen, Winter, das Frühjahr kündigte sich wie gewöhnlich durch einen heftigeren Gichtanfall an der durch Besuche Unruhe Erkältungen gesteigert u in die Länge gezogen wurde, dessen ohngeachtet, hatte sie sich entschloßen heuer sich mit H. Doctor Hauffs Schwefelbäder zu begnügen. Da kam ein Aufforderung von ihren 2 Brüder u. Schwager Kreuser, sie nach Stachelberg in ein Schwefelbad im Canton Glarus tief in den Schweizergebirgen zu begleiten. Die Schmerzen innen u. der Zuspruch von draußen bewog sie endlich diese für sie so große Reise zu unternehmen u gottlob sie ist nach mehr als 3 wöchenlichem Aufenthalt recht kräftig u vergnügt zurück gekehrt ihre Schmerzen stellen sich zwar noch mal wieder ein, aber ich erachtete schon das für einen Gewinn sie für einige Zeit der häuschen Sorgenlast enthoben zu wissen. Ihre Reise führte sie über den Bodensee nach Zurch u die die reizenden Ufer des Sees gleichen Namens enlang beim heitersten Himmel, dann in die höheren Gebirge Glarus, nach dem freundlichen Stachelberg Das dortige Mineralwasser wird sowohl zum trinken als baden gebraucht auch gab es ganz köstliche Wolken, die Badegesellschaft aus etwa 40 Personen bestehend waren Anfangs etwas steif. meist Schweizer sehr elegant, auch fand die Mutter so wenig geistiges Leben, unter dem Landvolk das durch die vielen Fabriken in einem furchtbar verarmten Zustand ist, das [illegible] es ihr oft ganz betrübt wurde, nachher, als sie bekannter wurde fand sie einige christelich gesinnte Frauen, an die sie sich anschließen konnte, Die 3 Oncles genoßen auch den täglichen Spaziergänge an die sich die liebe Mutter nur selten anschließen konnte, einer herrlichen Ansicht auf den Bergen. Die stolz u [illegible] in die durch wilde Waldbäche, öfters Cascaden bildend, belebten Thäler herabschauen Oncle von Göppingen legte sich namentlich aufs botanisiren, und hat sich auf diesen Fluren schöne Schätze für Herbarium u. Garten gesammelt. Dieser kräftige Mann hatte das Bad sehr nöthig, diesen Winter fiel die Treppe seine beiden Kinder tragend herab und beschädigte sich dadurch am Rückgrat, auch war er sonst sehr angegriffen. Oncle von Zell veranlaßte das sich stark regende Podagra und Oncle Kreuser mochte wohl neben einem beginnenden Schmerz in Bein die angenehme Gesellschaft verführt haben aber auch während sich hie andere an dieser Heilquelle stärkten zog sich dieser empfindlichere Schmerzen zu, so daß er sehr übel zu Fuß ist. An seiner trolligen Weise machte er jedoch der ganzen Gesellschaft viel Spaß Ich wurde zur Haushälterin bestellt, das diesmal kein so bestes Amt war. Tante Marie von Nürtingen war neben Minna, die hier immer bei uns ist über diese Zeit hier, sehr angegriffen durch den erst kürzlich erfolgten plötzlichen Tod ihres Bruders Carl; das war diese ein harter Schlag für diese zärtlichen Schwestern. Carl war in letzerer Zeit, durch die besondere Güte des Ministers wieder in Ellwangen angestellt, jedoch mit der Bedingung daß seine Entlaßung beim nächsten Verstoß gegen die Regierung für immer erfolgen werde. Am 28. Juni war er ganz heiter in einer Abendgesellschaft, am anderen Morgen befiehl ihn Ubelsein beim Frühstück, er sprach dieses gegen seine Frau aus, und war nach wenigen Minuten auf den Boden sinkend eine Leiche, ein am Hause vorbeigehender Chirurg öffnete vergeblich eine Ader, ein Herzschlag hatte so plötzlich sein Leben geendet. 4 Brüder sind in der Besten Manneskraft vom Tod dahin geraft, was Therese in Stuttgart zittern macht für das Leben ihres Mannes. Marie diese Trauerbotschaft beizubringen erbaten wir uns in Beistand unseres l. Herrn Helfer Fuldas, der es dann auch nach längerer Vorbereitung auf die schönendste Weise ihr sagte, so daß es ihr keine augenblickliche Krämpfe (wie wir befürchteten) machte, du hast keine Idea wie angegriffen und überreizt ihre Nerven sind Louise v. Nürtingen brachte 14 ebenfalls in der Abwesenheit der l Mutter hie zu. Und H. Oncle Israel lag einige Tage an der Brechruhr bedenklich darnieder seine außerordentlich starke Constitution brachte jedoch seine Lebensgeister bald wieder, und er ist wieder ganz der Alte, leider muß dieses auch von seinen Gewohn= heit gesagt werden, alte Bäume sind eben bös biegen; wenn das Herz nicht durch Gottes Gnade umgewandelt wird, ist unser menschliches Zuthun sehr gering. Du fragst nach H. Adolph Stark, nun er ist wieder von England zurück gekommen aber ziemlich leidend, er soll ich weiß nicht mehr welches Fieber haben u. ist vorder Hand wieder bei seiner Mutter. Wir sehen gegenwärtig den Starkischen, ganz fern u. nachdem H. Helfer v. Calw sich vergeblich bemühte ein näheres Verhältniß anzuknüpfen und da Deine Grüße vielleicht mit= unter nach Unbesonnenheit, wenn es erlaubt ist zu sagen, dazu diente diesem Herrn ein weiteres Körbchen aufzubürden, sollst du zur Strafe dafür [illegible ink spot] sein mit einem ausführlichen Bericht über die Sache verurtheilt werden Du erinnerst Dich daß ich das letzte mal schrieb, H. H. v. Aalen habe uns besucht. Diesen Besuch wiederholte er dieses Frühjahr eines Abends - als ich gerade von der Hochzeit von Ochsenwirths Nane zurück kehrt war, und sie einer neueren Sitte gemäß (von einem Herrn (einem mir Unbekannten aus Göppingen) wie alle übrigen Brautjungfern zur Kirche geführt wurde, H Stark sah den Hochzeitzug u. schöpfte bereits Verdacht, ich erzählte diese Episode blos ihrer Lächerlichkeit wegen. -- als wieder zu unserem Besuch er unterhielt sich viel mit mir, ohne daß ich jedoch aufmerksam wurde. Des anderen Tages kam die Mutter von Frau Dekan wo er logierte in aller Frühe und brachte seinen feierlichen Entschluß vor, auch H. Dekan legte am Nachmittage Fürbitte bei Oncle von Zell ein, so wurde ich dann allen Ernstes um mein Wort gefragt, frisch weg ließ ich entbieten, daß ich noch ein Kind wäre, u. es für Sünde halten würde meine Mutter zu verlassen, in einem Familien Rathe in Albershausen wurde ein gleiches Nein beschloßen und Oncle von Zell fertigte dieses in seiner gewohnten Gelindigkeit jedoch bestimmt aus, und die Sache war damit abgethan. wir haben diesen Schritt um so weniger bereut da neben seinen Eigenheiten die Echt= heit seiner christlichen Gesinnung in Zweifel zu ziehen ist, auf sonst manches nachtheilige über eine Person in Erfahrung gebracht wurde, zu geschweige daß ich nicht mit der Frau Mama harmoniren konnte. - Als ich dieses Frühjahr in Göppingen war hatte Frau Oberhelferin, Marie Lempp eine Pfarrerstocher von Ruidt ein Bäschen zu Kreusers in Stuttgartt als Jungfer, sie käm öfters zu Oncles um das Herz auszuleeren, ein gar liebes, aufrichtiges, Mädchen, die immer geneigt ist alles vom Nächsten zum Besten zu kehren; Catharine hat ihr manches von Dir erzählt ich machte die Fortsetzung davon, sie trug mir freundliche Grüße an Dich als Unbekannt auf. Deren ich mich hier wenn auch erst spät entledige, jetzt ist Marie so viel ich weiß wieder weg, ihre Stelle war zu unruhig für sie. Sr Ob. lag 14 Tage zu Bett an einem geschwollenen Korn das endlich aufbrach, und gar lange nicht mehr heilen wollte, weil sie jede Stunde das Pflaster gewechselt haben wollte. - Den Abgang Helfer Zieglers als Dekan nach Herrenberg hast Du doch noch erlebt, (sie FB. weiß sich vorteflich in dieser neue Stellung zu benehmen). ebenso daß Lang an die Oberhelferrathsstelle vorgerückt ist. Als 3 Geistlicher ist ein sehr Beliebter Talentvoller Redner, Teichmann aus Stuttgart, der von äusserst sanfter Natur, ein sehr intimes Freundschafts Verhältniss hat sich zwischen Oncles und Herrn Teichmann u. seiner Frau gebildet; was gewiß nicht ohne gute Einwirkung bleibt. Das Frauenstift wurde in eine Anstalt für Gemüthskranke umgewandelt, unter der Leitung v. H Dr Landerer, u. dagegen die Stiftsdamen hieher übersiedelt, in den ehmaligen sogenannten Bad der aufs elegan= teste restaurirt, ein hinreichend großes angenehmes Asyl darbietet; so viel man hört sind die Frauen gerne hier unsere Bekanntschaft beschränkt sich auf einen gegenseitigen Besuch, die Mutter ist auch nicht gesonnen sie weiter auszu= dehnen da sie ohnehin so vielfach in Anspruch genommen ist. - Der Missionsver= ein verbinden mit dem Krankenverein im Schloß befriedigen hinlänglich das gesellschaftliche Bedürfniß zugleich einen gestiegen Genuß gewährend. Die Frau Herzogen erwies sich besonders in diesem Noth u. Theuerungsjahr als thätige Mutter der Armen, neben vielen Gaben an Holz, Kleider, Reis ließ sie von April bis zur Erndte, ließ sie am Schloß täglich 200 Portionen kräftige Suppe kochen und an hiesige Arme verabreichen, sie selbst, begnügte sich mit dieser frugalen Speise. - Auch Privatunternehmungen zur Steuerung der Noth. feuerte sie durch Beiträge zu eifriger Thätigkeit an. So ließ H. Obrech Brau durch seine Knaben ein Theather aufführen, von ihm selbst dazu nieder geschrieben, einen Markt worauf gestohlen wurde. Dann ein Schwergewicht darstellend, das Sprichwort durchführend "kein Faden ist klein gesponnen er kommt doch endlich an die Sonnen." Der nicht unbe= trächtliche Erlös wurde ebenfall zu Suppen verwendet. Nany Müller seine Schwägerin gab sich zur Köchin her einige Mädchen aus der Stadt als Gehülfinnen zur Seiten, wovon ich auch 2 Tage wöchentlich übernahm, wir kochten per Tag für 70 arme Kinder in Herrn Ober[illegible] Waschkessel beinahe 1/2 Jahr. Durch vielseitige Beiträge unterstützt. Dieses Jahr durften wir die Fluren sehen. So reich gesegnet u üppig wie seit langem nicht mehr, aber durch häufige Gewitter an vielen Orten von Hagel begleitet, kurz war und während der Erndte wurde den Menschen wieder vieles entzogen was sie bereits als ihr Eigenthum betrachtet hatten und worauf sie mit großer Sehnsucht warteten, wofür aber vielfach der Dank gegen den gütigen Geber vergessen wurde namentlich hat ein Theil des Bezirks u die Stadt Nürtingen furchtbar gelitten, es fiel dort ziemlich lange andauernder Hagel in der Größe von Tauben bis zu Gänseeiern. ich erlebte dieses furchtbare Gewitter in Nekartenzlingen u sah im Rückweg die furchtbare Ver= heerung in Nürtingen, alle Strassen waren mit Ziegelsteine wie gepflastert; unser Kirchheim blieb gnädig verschont, wenn fast ringsum dasselbe das Wetter losbrach. - Die Karthoffel krankheit zeigt sich wieder über all, die Lacherinnen sind ein seltenes [illegible] Im Garten hatten wir eine schöne Rosenflor begünstigt durch die warmen u trockenen Tagen, Oncles u. Göpp. Garten den ich zu dieser Zeit sah war wahrhaft entzückend. Besitz.st Du wohl auch ein kleines Gärtchen, soweit niedlich als Du es bei den allzuvielen Geschäften des unsrigen wünschtest! Ich stimme oft in diesen deinen Wunsch ein bei aller Anerkennung des Guten das ein Garten gewährt u. der Freude des Pflanzens, Obst gibt es heuer reichlich, unsere Zwetgenbäume sind gar voll. Noch habe ich Dir gar nichts von meinem lieben Bruder mitgetheilt, er kam heute in die Herbstferien an, u verspricht Dir selbst seine Freude auszudrücken. Im Frühjahr durfte ich mein längst projektiertes Reischen nach Tübingen ausführen, das mir noch lange eine liebe Erinnerung sein wird. Im Beckischen Hause eine herzliche Aufnahme findend, wurde mir auch die Annehmlichkeit das Zimmer neben Friz zu haben, auch wurden mehrere Ausflüge in Tübingens nächster Umgebung veranstaltet, u der Reiz der Gegend wurde erhöht durch die lieblichen Fortschritte die Wald u Feld in den herrlichen Frühlingstagen machten, so erinnere ich mich namentlich eines Spaziergangs am Himmelfahrtsfest in der Frühe, worauf dann ein 2. noch köstlicher Genuß folgte, bestehend in einer Predigt von Herrn Professor Beck u l. Lotte das ist noch etwas ganz anderes als wenn man solche liest [illegible] ein solch tiefes Eingehen in die Göttlichen Geheimnisse (Ihrer der Menschensohn der im Himmel ist.“) und durch diese Klarheit des Geistes, u dieser Zusammenhang des Ganzen, u Einfachheit zum Verständtnis. Vorgetragen von einem angenehmen Organ, und begleitet von den würdevollsten Bewegungen, u der ganzen Person das Signal der Wahrheit aufgedrückt, ich konnte es nicht begreifen daß dieser Mann von so vielen Seiten also um seiner Lehre willen angefeindet wird; ich freue mich wenn er warscheinlich in diesen Ferien einige Tage bei uns verbringen. Herr Prälat Moser hat wieder eine Krankheit zu bestehen gehabt u deßhalb diesen Bader von [?]Ostend[/?] gebraucht, meine l Thekla, war 4 Wochen diesen Sommer hier, wir schloßen uns wieder recht eng an einander an, unsere Korrespondenz wird manchmal ein wenig lau, so wünsche ich [illegible] ganz und gar nicht daß es mit Dir ginge, da ein Wiedersehen in diesem Leben noch so sehr im Reich der Ideale liegt ich erhalte Dich deßhalb allen Personen in Verbindung für die Du einst Interesse hattest. Aber einen kleinen Verweis oder Ermahnung kann ich nicht unterlassen hier einfließen zu lassen, daß Du erstens expresse Grüße für die jederzeit sehr geiz= ige Frau Enslin aussetzest u. zweitens wenn Du in Zukunft Dein Herz über Deinen Schwager und Schwester ausschütten willst es doch auf einem eigenen Blatte zu thun. Dir kann es einerlei sein, uns aber macht es Verlegenheit wir möchten sie ebenso= wenig der Schadenfreude ihrer Feinde preisgeben, als dem alten Vater, dessen Gemuth ohnedieß vorher schon gänzlich zerrüttet ist neuen Zündstoff zuführen und der Frau die ohnedem durch seine ewigen Klagen genug zu tragen, durch neue Ausbrüche noch schwereres verursachen, und auf der anderen Seite ist er wahrhaft heißhungrig auf alles auf seinen Sohn bezugliche Nachrichten, dessen Gesinnungen zu ändern außer unserer Macht stehen, wir ließen deßhalb auch Deinen Brief nicht lesen; sie freuen sich aber alle über Dein Wohlergehen; Gratulation und Freuden= bezeugungen laufen von allen Seiten nebst ganzen Paketen Grüßen. Obenan stehen die Verwandten, dann F.Pf. Dörnacher Vincenz. Hr Dr. Hauf, Stahl Stahl, Kaim u. viele andere. Auch unsere Wascherinnen Schreiner Carolinen interessieren sich sehr dafür und bitten Dir ihre Dienste an, wenn Du ihnen die Überfahrt bezahlst. Herr Kaim hat eine sehr liebe Frau u ganz wie für ihn geschaffen ebenso gutmüthig, aufopfernd u äußerlich still u. drinnen von warmer Liebe, an seiner in Schorndorf gefeierten Hochzeit hatte ich die Freude Brautjungfer zu sein (ach wenn es mir vergönnt gewesen wär es bei der Deinigen zu sein ein kleines Hochzeit Geschenk hast Du jedenfall noch gut, u ehe Mina geht, will ich ihr noch recht viel erzählen was zu umständlich ist der Feder anzuvertrauen, u da die [illegible] dann blos das [illegible] der Seekrankheit im Gedächtnis Verschüttete wieder ans Tages= licht zu ziehen. Dem lieben neuen Vetter möchte ich es gerne recht nachdrücklich ins Gewissen schärfen, daß er es mit der Liebe nicht übertreibt, Lotte möchte sonst in dem Übermaß ihres Glückes die Freunde in der alten Heimath enterben und das weder ein Unrecht denn meine Ansprüche haben vorneweg den Vortheil daß sie älter sind als die seinigen. Ich beginne dieses neue Blatt um Dir Einiges von Louise Bühler zu schreiben, sie ist schon seit März in Würtemberg und wird übermorgen am 14 Sept. ihre Rückreise antreten sie versprach Dir selbst noch einen Gruß beizusetzen, der aber wegen der nahen Abreise jedenfalls kurz ausfallen wird, so will ich es denn übernehmen und Dich über ihre lange Entfernung von Hause aufklären. Vorigen Sommer verlor sie nach einer ganz kurzen Krankheit ihr Kind das gesund u kräftig 5 Monate die Freude ihres Herzens ausmachte; nun ist es durch die Ärzte nachgewiesen daß unter 100 Kinder die in Paris geboren werden und daselbst das erste halbe Lebensjahr zurücklegen, durchschnittlich nur 4 am Leben bleiben, als Ursache gibt man die schlecht Luft u. Milch an, welch letzere meist durch andere Stoffe er= setzt wird, diesem Übel vorzubeugen gehen viele Pariser Frauen eine Zeit lang aufs Land oder was noch häufiger geschieht, die Kinder werden gleich nach der Geburt in Kost gegeben, 10-20 Meilen weit, um erstarkt oft erst im 5. oder 6 Jahr zurückgenommen zu werden. Zu beidem hatte Louise keine Lust u sie wollte mit sorgfältiger Pflege den Versuch zu Hause wagen – aber er mißlang - als sie nun zum 2ten mal in diesen Fall kam, rieth ihr der Arzt nach Württem= berg zu gehen, da ihre Gesundheit schon vorher angegriffen war und eine Orts u Luftveränderung für sie von wesentlichem Nutzen sein konnte und es in der That auch geworden ist, so wagte sie den Versuch und unternahm dieses in so mancher Hinsicht beschwerliche Unternehmen. Zuerst kam sie nach Linsenhofen dan um Ostern 11 Tage zu uns, von da nach Neckartenz= lingen zu F Beus Kaufmann Zeller (ihr Mann starb dieses Frühjahr nach schweren Leiden an der Brustwassersucht.) wo Louise am 31 Mai mit einem Mädchen erfreut wurde. Pauline Enslin u. ich die ehmaligen Brautjungfern wurd nun auch die Pathenstelle übertragen. Unser Patschen Louise nach der Mutter genant ist ein zartes Kind, über das schon viel ergangen ist, besonders nahmen es wiederholte Ruhranfälle stark mit, trotzdem ist es voller Leben, und in den letzen, ist es bedeutend kräftiger geworden, daß wir hoffen dürfen es werde diese große Reise glücklich zurücklegen können; Louise nimmt die geschikte Dekanat Ricke als Magd mit; die besonders ihr auf der Reise nützlich sein wird; in Paris sind die Mägde gewöhnlich sehr anspruchvoll und unzuver= lässig, u sie mußte schon unangenehme Erfahrungen hiemit machen. Herr Bühler, hat sein Geschäft in Lederarbeiten eingehen lassen u. dagegen ein großartiges Commissionsgeschäft angefangen, in allen Parisern Artikeln kann man Bestellungen bei ihm machen, er handelt besonders viel nach Amerika, versendet zum Beispiel ganze Reitanzüge für Damen dorthin, Louise trug mir auf Dich darauf aufmerk= sam zu machen, er werde gewiß nach Wunsch ausfallen wie Du die neuen anstellst u zu einem blauäugigen Schimmel u muß in der That ein modernes Reit= kostüm nicht übel aussehen. Der bedeutend Gelindere Winter gegen den unsrigen dient Louise für ihre Brust an der sie früher je und je zu leiden hatte recht gut. Ihre Wohn= ung ist mitten in der Stadt, freilich bei einem hohen Preis etwas eng die Aussicht gewährt den Anblick eines Hofes u. einer Schmidte hinter welchen man Mond u Sterne heraufziehen sieht. Das Französische geht ihr ziemlich schwer am meisten vermißte sie jedoch den öffentlichen Gottesdienst beinahe ein Jahr verstrich bis sie die Existenz einer Deutsch evangelischen Kirche ausfindig machen konnte sie liegt ganz versteckt zwischen engen Straßen. Seit dieser Zeit fühlt sie sich viel heimischer, ein junger Geistlicher (ein Freund von meinem Bruder) ist als Vikar daran angestellt, und macht ihr bisweilen einen Besuch; doch muß sie das eigentliche Gemeinde Leben entbehren wenn es ihr im übrigen auch nicht gut get. Louise wurde nicht müde ihre Pathinen zu einem Besuch einzuladen und Pauline Enslin hat die Bewilligung ihrer Eltern auf ein halbes Jahr erlangt (Frau Bühler hat die letzten 6 Wochen hier zugebracht u war bei Enslins in Logie da es bei uns ohnedies unruhig war) u soll aufs Frühjahr ausgeführt werden bei mir steht die Sache jedoch noch im weiten Feld. An Interesse für alle jene Sehenswürdigkeiten dieser Weltstadt fehlt es nicht, auch liebe ich Louise u. mein Pathchen sehr Albert Kreuser von Stuttgart hat sich nun auch eine Braut erwahlt und zwar die wegen ihrer Schönheit weit und breit beruhmten Josephine Schikardt Tochter des Kamerverwalters in Geislingen beide Theile sollen außerordentlich glücklich sein einen Besuch machten sie noch nicht bei uns. Die Auswanderungs Lust ist in hiesiger Gegend immer noch im Steigen, Dein Vetter Paulus Rischmann von Holzmanden gehört ebenfalls unter die Zahl der Übersiedelten. Vor 14 Tagen wurde das Missionsfest hier gehalten Barth erzählte eine Indianer Geschichte aus Amerika, (hast Du auch schon welche gesehen? und entspricht ihr Anblick u Charakter jener großartigen Beschreibung die z B. ein Cooper von ihnen macht.) Ferner trat Missioninspektor Josenhans von Basel auf (der Schwiegerson der † Frau Prälat Geß ) erst kürzlich von einer Visitationsreise von Indien zurückgekehrt, eine sehr anschauliche belebte Schilderung der dortigen Missionen machend, und zugleich die Sitten und Gebräuche der Hindu bezeichnend aber auch die Große Sittenverderbniß hervorhebend hat sein Reden einen tiefen Eindruck auf die ganze zahlreiche Versammlung hervorgebracht. So sagte er z B.: es ist etwas ein ganzes großes Volk das keine Gewissen, äußerlich sind die Hindus voll Artigkeit Gewandheit u Bildung viel mehr als wir Europäer im Allgemeinen, aber inwendig sind sie voll List Lüge und Heuchelei, durch Unsittlichkeit entarnt, jedes lebt nur sich selbst, von dem furchtbar Zwang seiner Kaste geknechtet. Es haben die Missionare hier ein weites aber schweres Arbeitsfeld doch erwies ihnen der Herr auch auch schon manche Gnade in denen ihnen diesen u jenen Feindlich gesinnten als Beute gab. An [?]Krunn..achers[/?] Schriften habe ich mich auch schon erfreut es wurde in Missionsverein daraus vorgegesen, (Bei Dir meine Liebe ist jetzt gewiß die Zeit gekommen in welcher Du Deine längt gehabt Leselust befriedigen kannst, und du greifst wohl auch nach der so vielfach gesprochenen englischen Lecktüre, Diese Sprache wird Dir fast so geleufig als das Deutsche sein? Ich möchte so viele Fragen machen über: die Einrichtung in deiner Gemach über das Ameubelement deiner Zimmer über Stadt und Land u. so. w. Beiligende Blümchen unseres Garten u [illegible] obgleich nicht [illegible] christlicher Sentenz sollen eine kleine Erinnerung an den 3. October sein obgleich ich zweifle, daß dieser Brief bis dahin in Deine Hände gelangen wird; (Louise Bühler will ihn bis Paris mitnehmen). Alle gute und vollkommene Gabe wünsche ich Dir für diesen Tag den du nun Zum erstenmal an der Seite Deines lieben Mannes zubringst. Den ich vielmal zu grüßen bitte und für die freundlichen Grüße Danke. Im Geiste bin ich auch bei Dir und bleibe wie immer mit Gruß und Kuß das Sternbild des Wagens nicht vergeßen, Deine Dich zärtlich liebende Auguste. Schöne Grüße von meinen Hausgenossen Tante Mina und Christine, die immer recht ordentlich ist. - Katzen und Hunde sind nicht bei uns zu finden, u zu einem Pferdchen haben wir es noch nicht bebracht.