Sammlung: Crede Family Papers

Verfasser: Clotilde Schröder (Crede)

Empfänger: Hermann Carl Crede

Bezeichnung: Brief an Hermann Crede, 11. Februar 1880.

Clotilde Crede an Hermann Crede, 11. Februar 1880

Original text

[roman:] Cassel [/roman] d. [roman:] 11t. Febr: 1880. [/roman]

Mein lieber [roman:] Hermann! [/roman]

Es war uns gewiß recht erfreulich, nachdem wir seit [underline:] dem 20t Juli 1878 [/roman] nichts von Dir gehört hatten, endlich einmal wieder ein Lebenszeichen von Dir zu erhalten. Daß Deine Briefe vom [roman:] April & August [/roman] v. J. uns nicht errecht haben, ist mir unbegreiflich, da doch [roman:] Wilhelms [/roman] Schreiben, die ebenwohl nach [roman:] Straßburg [/roman] addressirt waren, in unsere Hände gelangt sind._ Zu Deiner Wiederverheirathung meine herzlichsten Glückwünsche, möge solche zu Deiner u. Deiner Kinder Wohl gereifen!_ Du schreibst uns sehr wenig von Deiner Frau, nicht einmal deren Namen, wer ihre Eltern sind oder waren p p _ . Mit Bedauern ersehe ich aus Deinem Schreiben, daß nicht allein Du, sondern auch Deine Frau u. Kinder von Krankheiten heimgesucht worden seid u. wünsche ich sehnlichts recht bald von Dir zu hören, daß es Euch Allen wieder gut geht. Du wirst jedenfalls recht wohl daran thun, wenn

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wenn Du die vielen Reisen, welche mit Deinem Amte verbunden sind, nicht ohne Gefährtung Deiner Gesundheit bewirken kannst, lieber - ohne finanzielle Rücksichten zu nehmen_ Deine Stelle aufgibst u. Dich Deine Familie zu erhalten suchst, denn Gesundheit ist doch zweifellos das höchste Erdengut!_ Von uns kann ich Dir nicht viel Erfreuliches schreiben. Meine rheumatischen Leiden haben sich trotz allen angewandten Kuren mehr verschlimmert, als gebessert, in Händen u. Füßen habe ich ohne Unterbrechung empfindliche Schmerzen, obgleich ich außerdem gesund bin. Deine gute Mutter hat fast den ganzen Winter über_ der bis jetzt ein außergewöhnlich strenger u. anhaltender gewesen ist-, mit ihrem bösen Husten zu schaffen gehabt u. hat ihre frühere Rüstigkeit viel verloren, was wohl natürlich mit dem herannahenden Alter nicht zu verwundern ist. [roman:] Adelheid [/roman] u. Familie geht es ziemlich gut, ihre beiden Mädchen, wovon die jüngste 6 Jahre alt geworden

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geworden, wachsen fröhlich heran u. sind gute liebe Kinder.- Wegen [roman:] Therese [/roman] haben wir gegenwärtig viel Kummer u. Sorgen. Ihr Mann, hat sich dem Trunke ergeben u. ist ein Schurke geworden, so schlecht nur einer aufzufinden ist. Sie konnte dessen Rohheiten - wenn er getrunken hatte, nicht mehr ertragen u. ist deshalb zu uns zurückgekehrt / am 4. Jan. d. J. / Unserem Willen gemäß hat sie den Ehescheidungsprozeß eingeleitet, in dem sie unzweifelhaft obsiegen wird. Der schlechte Mensch, der uns so getäuscht u. betrogen hat, ist auf eine Strafstelle nach [roman:] Montigny [/roman] versetzt. Der ScheidungsProzeß wird sich voraussichtlich sehr in die Länge ziehen, da der erste Termin erst 2 Monate nach eingereichter Klage stattfindet u. übersteigen die Kosten alle Begriffe u. wird [roman:] Theresis [/roman] schöne Aussteuer wohl dadurch absorbiert werden. Nach einem vorläufigen Gerichtsbescheid ist der Schurke verurtheilt, [roman:] Theresen [/roman] Kleider u. Wäsche für sie u. das Kind - welches ihr zugesprochen - sowie die

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die nötigen Mobilien heraus zu geben, die Aussteuer ist - bis nach Erledigung des Prozesses - von Seiten des Gerichts unter Siegel gelegt. [roman:] Theresens [/roman) Lage u. unsere Stimmung kannst Du Dir unter diesen Verhältnissen vorstellen. Unser ganzes Leben haben wir gearbeitet um ein sorgenfreies Alter zu haben u. Kummer und Sorgen - die wir nie so gehabt haben - sind uns zu Theil geworden -, doch kann alles Klagen nichts helfen, wir müssen handeln u. alles so gut machen, als es eben gehen will._ Deine Tante [roman:] Louise [/roman] befindet sich noch in ihren alten Verhältnissen u. geht es ihr gut, sie würde sich unendlich freuen, wenn Du ihr versprochenermaßen einmal schriebst._

Mit vieler Freude habe ich aus Deinem Schreiben ersehen, daß ihr in dem [?] verwähenen [?] Jahre eine gute Ernte gehabt u. so eure viele Mühe u. Arbeit auch einmal belohnt worden ist. Ich erstaune darüber, daß ihr 15 Stck. Schwein geschlachtet, die Ihr doch unmöglich allein verzehren könnt? / 100 Pfund Schweinefleisch kosten hier = 19 bis 20 Thaler /

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Vor Kurzem hatten wir auch Nachrichten von [roman:] Wilhelm, [/roman] er schreibt zu unserer Freude recht zufriedenstellend_. Die hiesigen Verhältnisse sind u. bleiben dieselben-, Theuerung aller Lebensbedürfnisse, ein Darniederliegen aller Geschäfte u. fortwährende Steigerung der enormen Steuern_. Auch ist die Provinz Hessen mit einem neuen Feld- u. ForstPolizeigesetz beglückt worden, wonach Niemand ohne schriftliche Erlaubniß? des Besitzers Feld oder Wald betreten darf, auch ist es bei harter Strafe verboten, Beeren u. Plize p. im Walde zu sammeln, was einer seit undenklichen Zeiten bestandene Berechtigung des Volkes war._ Man ist empört über dieses Gesetz, muß sich aber fügen_. Ein darauf bezügliches Gedichtchen theile ich Dir mit. Ein solches Gesetz in [roman:] America [/roman] würde sicher eine Revolution herbeiführen, der Deutsche aber ist sehr zahm. Für jetzt schließe ich mit den herzlichsten Wünschen für Euer Aller Wohlergehen u. den besten Grüßen an Deine liebe Frau u. Kinder_ auch Hr [roman:] Bertels [/roman] freundl. Gruß! Dein treuer Vater Crede

Wie sthet's mit Deinem ReiseProjekt hier her?!

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Mein lieber Hermann!

Ich hatt es schon ganß auf gegeben jeh etwas wiede von Dir zu höhren um so mehr habe ich mich gefreut als etlich ein Brief ankam. Den Toht Dein armselien Frau beklage ich auf daß tiefste u gehe noch jetzt Ihr Andenken zu ehren in tiefer Trauer den ich bin ja wohl doch die Einsige die um Sie ganz schwarz sich kleidet, doch ich als Mutter kann mir daß nicht versagen._ Möge Deine sobaldige wieder Verheirathung zu Deiner, aber besonders Deiner lieben Kinder Wohle gereifen ich für meinen Theil bin kein Freund von einer zweiten Ehe, den das Spricwort ist oft auch wahr Wort, ein Stiefmutter bringt garoft auch den Stiefvatter u daß mach der liebe Gott bei Deinen Kindern verhüten. Es ist eine große Pflicht die Eltern gegen Ihr Kinder haben

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es ist meines erachtens schon kein groß Glück gebohren zu sein um so mehr haben die Eltern die Pflicht ganß den Wohl u Glück Ihrer Kinder zu leben also mein lieber Hermann hoffe ich [insertion:] u erwart ich [/insertion] von Dir daß Du in mein Sinne gegen Dein Kinder handelst._ Du schreibst uns ja gar nichts von der Vergangenheit Dein zweite Frau. Welch Eltern Kind ist Sie? Wie ist der Grad Ihr Bildung Den ich kann mir doch unmöchlig denken daß mein verstendiger Hermann die erstbeste Person zur Frau u Mutter sein 6 prechtig Junge nehmen wird die nicht aus gute Familie ist, also beantworte mir erst obige Frage wenn Du mich beruige wilst, ich habe jetzt um unser armes Therese schon so vielen Kummer daß mir ein Freude von Dir so nodwendich ist._ Auch bitt ich Dich in Deinem naechsten Brief der nicht wiede so lange darf auf sich warten lassen wie der letzte von jede Dein liebe Junge etwas zu schreiben ich

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liebe alle mein Enkel mit gleige Herz wen sie mir auch fren sind, auch möcht ich gern über Deine Farm u sonstige Besitz von Dir höhren laß nur Deine Junge nich zu weid von Dir Ihr Glück versuge ach es ist zu schrecklig wenn man die die man so sehr liebt nicht erreige kann was ist ein Brief gegen Augenschein Recht sehr bedauere ich das Ihr lieben alle so von Krankheit heimgesucht werdet der best Guth ist doch die Gesundheit auch bei geht es nicht gut Papa ist kränklich u hat wenig Gedult bei seine Kleide welches es doppelt schwer so wohl für Ihn als für uns macht, u nun noch den großen Kummer mit The ach das arme Kind muß hart Leiden u wier mit Ihr._ Nun mein lieber Hermann lebe für dieß mahl recht wohl des Himmels bester Segen geleite Euch auf allen Euren Wegen, Grüße u. Küsse mir mein lieb Jungen Karl, John, Willie, Adolf, Herman u klein Fränzel. Sprich recht oft mit Ihm von der alte Großmutter die Euch alle so lieb hat u deren größte Kummer es ist das sie so gar nichts für Euch Ihr liebe tuhe kan Grüß auch den lieb Frau u behalt Du recht lieb den Dich herzlichlieb Mutter

([auch bei geht es = auch bei uns geht es])