Sammlung: Crede Family Papers

Verfasser: Heinrich Carl Crede

Empfänger: Hermann Carl Crede

Bezeichnung: Brief an Hermann Crede, 28. August 1880.

Brief der Familie Crede, 28. August 1880

Original text

[roman:] Cassel, [/roman] d [roman:] 28t August 1880. [/roman]

Mein lieber [roman:] Hermann ! [/roman]

Dein liebes Schreiben vom 6 t. d. M. habe ich vorgestern erhalten u. mit vieler Freude daraus ersehen, daß es jetzt bei Euch in jeder Hinsicht gut geht u. Du namentlich vollständig wieder hergestellt bist. Von uns kann ich Dir leider nicht viel Erfreuliches melden. Deine gute Mutter ist fast stets leidend u. mein rheumatisches Uebel in Händen u. Füßen hat sich eher verschlimmert, als gebessert u. habe ich wohl keine Aussicht davon befreit zu werden. Als Zugabe zu unseren körperlichen Leiden haben wir nun die Sorge um die arme [roman:] Therese [/roman] u. ihres lieben Kindes' Zukunft, obgleich sie mit vieler Fassung ihr trauriges Geschick erträgt. Die Scheidung ist nun endlich vom Gericht aus gesprochen, doch ist das Urtheil noch nicht in unseren Händen; auch kann es, [roman:] Theresen [/roman] [underline:] gar nichts [/underline] nützen, wenn

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Von [roman:] Wilhelm [/roman] hatten wir kürzlich befriedigende Nachrichten, worüber wir uns sehr gefreut haben.

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wenn _ wie sicher anzunehmen ist_ der elende Schurke in die Kosten u. zur Zahlung von Alimenten verurtheilt ist, da er, kurz nach dem ihn [roman:] Th. [/roman] verlassen, wegen schlechten Verhaltens seines Dienstes entlassen u. die Aussteuer im Werth von [roman:] ca 1300 [/roman] rt. verschleudert hat._ Er treibt sich jetzt bei Eisenbahnen Oesterreich herum, wo er untergeordnete Stellen bekleidet, sich aber wegen seiner Trunksucht nicht lange auf einer Stelle halten kann. Voraussichtlich geht er einem schmäligen Untergang entgegen, was uns aber unsere großen Verluste nicht ersetzen u. unseren Kummer nicht lindern kann_. Die Gerichtskosten sind hier zu einer fabelhaften Höhe gesteigert, so daß Viele lieber ihre Forderungen schwinden lassen, ehe sie einen Prozeß anfangen. In [roman:] Th. [/roman] Sache werde ich _ obgleich der Schurke keinen Widerspruch erhoben u. sich bei Gericht überhaupt sich nicht hat vertreten lassen, dennoch einige Hundert Thaler Kosten bezahlen müssen.

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Halte Dein Versprechen u. laß bald wieder von Dir hören-, es ist ja unsere einzige Freude zu vernehmen, wenn es Euch gut geht!_

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Daß Du bei Deiner Wiederverheirathung glücklich gewesen bist, eine gute Hausfrau u. die Kinder eine brave [roman:] Mutter [/roman] erhalten, erfreuet uns Alle recht innig u. wollen wir nur wünschen, daß Ihr zusammen gesund bleibt, da es Euch ja an sonst Nichts gebricht._ Dein Dienst mag recht beschwerlich u. die öftere Abwesenheit von Haus sehr unangenehm sein_, doch hat wenn ja ohne Mühe u. Beschwerden nichts, was ich in meinem Leben auch recht wohl erfahren habe_. Könntest Du bei der nächsten Wahl wohl nicht eine Stelle erlangen, die Dir konvenirte u. nicht mit Reisen verbunden wäre? Begleitest Du noch das Amt eines öffentlichen Notars, u. wie sind die Einkünfte davon?_ Mit vieler Freude ersehe ich aus Deinem Schreiben, daß Du eine gute Ernte gehabt hast u. Du mit den Deinen die gewiß recht saure Arbeit hast bewältigen können. Die Jungen werden ja wohl Alle einmal Farmer werden?_ Daß Du [roman:] Carl [/roman] einen Schul

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Dem vor Jahren von [roman:] Carl [/roman] versprochenen Briefe sehe ich noch entgegen_.

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SchulCustus in [roman:] St. Louis [/roman] willst durchmachen lassen, ist sicher recht gut, traurig ist es indeß daß bei Euch die Schule den Sommer über geschlossen ist, da den Jungen die beste Gelegenheit geboten ist, das im Winter Erlernte, den Sommer über wieder zu vergessen_. Die Ernte ist hier eine zl. gute gewesen, doch haben Hagelwetter u. Ueberschwemmung in manchen Gegenden großen Schaden gethan. Die Preise für [roman:] Naturalien [/roman] sind bei Euch unglaublich billig. Hier hält sich die Theuerung stetig_ Schweine zu 100 Pfund / lebend. / Gewicht kosten 22 rt. 4 Pfund Rindfleisch 1 rt: u. so Alles in diesem Verhältniß, obgleich viel Speck, Rindfleisch u. Schinken von [roman:] America [/roman] hier eingeführt wird, was freilich etwas billiger ist._ Ueber [roman:] Kaufungen [/roman] ist von hier nunmehr auch eine Eisenbahn angelegt, die sich indeß nicht besonders rentiren soll. Deiner Tante L. geht's gut. Freund [roman:] [Spieß [/roman] hat Pension genommen u. wohnt in [roman:] Kaufungen [/roman]. Ich schließe mit den besten Wünschen für Euer Aller fernes Wohlergehen, grüße Alle namentlich Deine liebe Frau herzlich u verbleibe Dein treuer Vater.

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Von Deinem Hierherkommen schreibst Du Nichts-, hast Du den Plan ganz aufgegeben? es will mir fast so scheinen._

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