Sammlung: Benecke Family Collection

Verfasser: Frieda Schorss

Empfänger: Louis Benecke

Bezeichnung: Brief von Frieda Schorss an Louis Benecke, den Witwer ihrer Tante Josephine Amerlan Benecke, am 3. Dezember 1909.

Frieda Schorss an Louis Benecke, 3. Dezember 1909

Englischer Text

Original text

[roman] Wernigerode [/roman] d. 3.12.09.

Mein lieber Louis.

Meinem Versprechen gemäß übersende ich Dir anbei das Programm des Konzertes und die Recension. Es ging alles sehr gut und mein Flügel gefiel sehr. Die kleine Geigerin aus Buenos Ayres ist ein reizendes junges Geschöpfchen und spielte wunderschön. Die Gymniasasten, deren eine Menge im Konzert waren, waren so begeistert, daß sie ihr

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beim Nachhausefahren die Pferde ausspannen woll- ten. Ihr jugendlicher En- thusiasmus war sehr drollig. Nun haben wir unsere Gedanken Weihnachten zu- gewendet, da wir die Freude haben werden, un- sern Hermann bei uns zu sehn. Wir freuen uns schon sehr auf seinen lieben Be- such, sehen wir uns doch jedes Jahr nur einmal. Für Dich, lieber Louis, wird Weihnachten mit Wehmut verbunden sein, der 2. Weihnachten, den Du ohne

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unsere liebe Jose verlebst, aber gewiß ist sie unsichtbar bei Euch und freut sich mit Dir über die Freude Deiner Enkelchen und Kinder. Dir ist doch noch viel geblieben und die Erinnerung an die vielen Jahre ungetrübten Glückes, die Ihr gemeinsam genossen, ist doch auch schön. Wir werden Deiner beim brennenden Tannenbaum gedenken und wünschen Dir jetzt schon, daß Du das Fest mit all Deinen Lieben in rechter Gesundheit und möglichster Frische begehen möchtest. Auch Mamchen grüßt Dich herzlich

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Sie ist, Gottlob, gesund und munter. Sie geht jetzt bei dem schlechten Wetter gar nicht aus, bewegt sich aber viel im Hause umher. Skatspielen tut sie jetzt garnicht, das hebt sie sich auf, bis Du im nächsten Jahr auf Deinem alten Platz sitzest und wir wieder wie in alten früheren schönen Zeiten skaten. Darauf freuen wir uns schon sehr! Tante Friedchen ist jetzt mit Otto Schultze und Frau Marta geb. Amerlan in Berlin und wird das Weihnachtsfest auch wohl [strikethrough]dort verleben[/strikethrough] in Forst bei ihnen verleben. Sie schreibt sehr vergnügt und zufrieden. Und nun, mein lieber Louis, nimm mit diesen Zeilen vorlieb

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heute, grüße Deine lieben Kinder alle herzlich und sei Du selbst in Liebe gegrüßt von Mamchen und Deiner treuen [roman] Frieda Schorss [/roman]

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Vielleicht interessirt es Dich, zu erfahren, das der Wirt des Hotel Monopol, in dem Ihr wohntet einen sehr schlimmen Bankrott gemacht hat. Viele Geschäfts- leute haben bei ihm große Summen verloren.

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Deinen letzten lieben Brief beantwortete ich bereits im Oktober. Du hast mein Schreiben hoffentlich erhalten.

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