Projektbeschreibung

Die deutschsprachige Zeitung in den USA erfurh ihre Blütezeit während der transatlantischen Massenmigration im langen 19. Jahrhundert, als etwa 6 Millionen deutschsprachige Menschen nach Nordamerika auswanderten. Bereits 1732 hatte Benjamin Franklin die erste deutschsprachige Zeitung herausgegeben: Die Philadelphische Zeitung. Allerdings scheiterte das Vorhaben des Nachrichtenorgans schon nach wenigen Ausgaben. Zwei Jahrhunderte später führten transatlantische Massenmigration, technische Innovationen im Druck, unzureichende Urheberrechtsgesetze und -durchsetzungen, steigende Alphabetisierungsraten und das wachsende Interesse der Öffentlichkeit an Informationen säkularer, sensationeller und politischer Art zu einem weit verbreiteten Informationsaustausch. Diese Veränderungen hatten enorme Auswirkungen auf die deutschsprachige Presse in den USA. Bis 1890 veröffentlichten deutschsprachige Migrant:innen bundesstaatenübergreifend bis zu 1.000 Zeitungen und machten die deutsche Einwandererzeitung zur meistgelesenen und einflussreichsten nicht-englischen Zeitung. Große und kleine Ausgaben fanden in den Vereinigten Staaten gleichermaßen ein Zuhause, darunter die Westliche Postin St. Louis, Missouri, die Joseph Pulitzer förderte, damals einer der aufstrebendesten Persönlichkeiten in der journalistischen Szene.

Aufgrund unzureichender Urheberrechtsgesetze und -durchsetzungen, technischer Innovationen im Dampfschiff, Telegrafensystem und Druck reisten Texte von Ort zu Ort, da Redakteure Inhalte ausgewählten, kopierten, modifiziert und nachdruckten in ihren Publikationen. Sie veröffentlichten dabei mehr als nur Texte zu Ereignissen, Statistiken oder Ankündigungen. „Traveling Texts in German-American Newspapers“ ist eine Sammlung von nachgedruckten Texten – von Nachrichtentexten bis hin zu Kurzgeschichten – in der deutsch-amerikanischen Presse, ein Forschungsergebnis des Projektes „Text Mining America’s German-Language Newspapers, 1830-1914: Processing Ger(wo )manness“ amd Deutschen Historischen Institut von Jana Keck. Das Projekt geht aus einem größeren internationalen Projekt zur computergestzützen Zeitungsforschung „Oceanic Exchanges Tracing Global Information Networks in Historic Newspaper Repositories, 1840-1914“ (DFG) hervor. Anhand digitalisierter deutschsprachiger Zeitungen aus der Chronicling America Datenbank setzt das Projekt Methoden der Natural Language Processing (NLP) ein, um nachgedrucktes Material zu identifizieren, zu extrahieren und zu clustern und, um Texte automatisch in Zeitungsgenres wie Nachrichtentexte, Anzeigen, Listen oder Gedichte zu klassifizieren. Angesichts der Serialität, Fülle und Heterogenität einer Zeitung ermöglicht diese Sammlung Wissenschaftler:innen, Texte zu untersuchen, die zuvor in verschiedenen physischen Archiven versteckt geblieben sind, und Zeitungen mit anderen soziohistorischen Materialien aus „Mobile Lifeworlds in German-American Letters“ und „Writing Across Borders: Diaries and Journals“ zu verknüpfen.

Das Projekt „Text Mining America’s German-Language Newspapers, 1830-1914: Processing Ger(wo)manness“ wurde im Rahmen des 53. Deutschen Historikertags (2021) mit dem ersten „Peter Haber Preis für Digitale Geschichtswissenschaft“ ausgezeichnet. Eine detaillierte Projektbeschreibung finden Sie im Bulletin des Deutschen Historischen Instituts: „Let’s Talk Data, Bias, and Menstrual Cramps: Voicing Germanness in the nineteenteenth Century and Today“ (2021).

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